Das Wichtigste in Kürze
Das Merkzeichen H im Schwerbehindertenausweis steht für „hilflos“, d.h.: Die Person benötigt im Alltag dauernd und in erheblichem Maße fremde Hilfe, Überwachung oder Anleitung oder eine Person, die ständig für Hilfe bereit steht. Bei manchen Behinderungen wird das Merkzeichen H immer oder meistens ohne nähere Prüfung erteilt, z.B. bei Blindheit oder wenn auch in der Wohnung immer ein Rollstuhl nötig ist. Ansonsten prüft das Versorgungsamt genau den Einzelfall. Bei Kindern und Jugendlichen gibt es Besonderheiten. Das Merkzeichen H führt zu verschiedenen Vergünstigungen, z.B. zu hohen Steuerfreibeträgen und einer kostenlosen Wertmarke für den öffentlichen Nahverkehr.
Voraussetzungen für Merkzeichen H
Wer bekommt immer das Merkzeichen H?
Das Merkzeichen H wird immer erteilt, wenn eine der folgenden Behinderungen vorliegt:
- Blindheit
- hochgradige Sehbehinderung
- Querschnittslähmung oder andere Behinderung, wenn deswegen auf Dauer und ständig ein Rollstuhl nötig ist – auch in der Wohnung
- Behinderung mit dauernder Bettlägerigkeit (auch, wenn der Mensch mit Behinderung das Bett noch gelegentlich verlassen kann)
Wer bekommt meistens das Merkzeichen H?
Meistens (nur in Ausnahmefällen nicht) wird das Merkzeichen H erteilt bei:
- Grad der Behinderung (GdB) von 100 allein wegen Hirnschäden, Anfallsleiden, geistiger Behinderung und/oder Psychosen
- Verlust von 2 oder mehr Gliedmaßen (mindestens jeweils die ganze Hand/der ganze Fuß), außer bei Unterschenkel- oder Fußamputation beiderseits.
Wer sonst kann das Merkzeichen H bekommen?
In allen anderen Fällen prüft das Amt im Einzelfall, ob eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:
- Fremde Hilfe, Überwachung oder Anleitung ist zu einer Reihe von alltäglichen Tätigkeiten nötig (sog. häufig und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages).
- Ein Mensch mit psychischer oder geistiger Behinderung würde wegen Antriebsschwäche ohne ständige Überwachung solche alltäglichen Tätigkeiten nicht tun.
- Eine andere Person muss ständig für Hilfe bereit stehen, z.B. wenn Hilfe häufig und plötzlich wegen akuter Lebensgefahr nötig ist.
Als häufig und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages zählen z.B.:
- An- und Auskleiden
- Nahrungsaufnahme
- Körperpflege
- Urinieren und Stuhlgang
- notwendige körperliche Bewegung
- geistige Anregung
- Kommunikation
Unterstützung, die mit der Pflege der Person nicht unmittelbar zusammenhängt (z.B. Hilfe im Haushalt), darf das Amt nicht mitberücksichtigen.
Das Merkzeichen H wird nur dann in den Schwerbehindertenausweis eingetragen, wenn der Umfang der nötigen Unterstützung durch andere Menschen erheblich ist. Dafür prüft das Amt: Ist die Unterstützung dauernd für zahlreiche Verrichtungen, die häufig und regelmäßig wiederkehren, nötig? Wenn nur bei einzelnen Verrichtungen Unterstützung nötig ist, reicht das auch dann nicht aus, wenn sie lebensnotwendig sind und im täglichen Alltag wiederholt vorgenommen werden (z.B. Hilfe beim Anziehen einzelner Kleidungsstücke, notwendige Begleitung bei Reisen und Spaziergängen, Hilfe im Straßenverkehr, einfache Wund- oder Heilbehandlung, Hilfe bei Heimdialyse ohne Notwendigkeit weiterer Hilfeleistung).
Merkzeichen H bei Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen
Bei Kindern mit Behinderungen zählt nur der Teil der Hilfsbedürftigkeit, der höher als bei gesunden Gleichaltrigen ist.
Kinder müssen das „Handwerkszeug“ zum Umgang mit ihrer Behinderung erst im Laufe ihrer Entwicklung erwerben. Deswegen kann bei ihnen auch schon bei einem niedrigeren Grad der Behinderung (GdB) als bei Erwachsenen Hilflosigkeit vorliegen. Im Einzelnen gilt dies bei folgenden Behinderungen:
| Gesundheitliche Einschränkung | Wie stark muss die Behinderung allein wegen dieser Einschränkung für das Merkzeichen H sein? |
Wann Merkzeichen H bei Kindern und Jugendlichen? |
|
geistige Behinderung |
auch bei einem GdB unter 100 z.B. wenn das Kind wegen Verhaltensstörungen ständig überwacht werden muss |
in der Regel bis zum 18. Geburtstag |
|
tiefgreifende Entwicklungsstörung (= Autismus), oder andere Verhaltensstörung / emotionale Störung |
mindestens GdB 50 |
in der Regel bis zum 18. Geburtstag |
| hirnorganische Anfallsleiden (insbesondere Epilepsie) |
auch bei einem GdB unter 100 abhängig von Anfallsart, Anfallshäufigkeit und ggf. auffälligem Verhalten |
häufiger als bei Erwachsenen |
| Sehbehinderung | GdB von mindestens 80 | bis zum 18. Geburtstag |
| Taubheit / an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit | - |
ab Beginn der Frühförderung in der Regel bis die Ausbildung beendet ist |
|
Bronchialasthma |
schwerer Grad |
in der Regel bis zum 16. Geburtstag |
| angeborener oder in der Kindheit erworbener Herzschaden | schwere Leistungsbeeinträchtigung (Näheres unter KHK > Schwerbehinderung) |
bis sich die Leistungsfähigkeit bessert längstens bis zum 16. Geburtstag |
| Niereninsuffizienz | GdB von 100 | bis zum 16. Geburtstag |
| künstliche Niere | - | bis zum 16. Geburtstag |
| Diabetes (Näheres unter Diabetes > Schwerbehinderung) | - | bis zum 16. Geburtstag |
| Phenylketonurie | - |
in der Regel bis zum 14. Geburtstag danach nur noch, wenn die geistige Entwicklung relevant beeinträchtigt ist |
| Mukoviszidose |
umfangreiche Betreuungsmaßnahmen notwendig GdB von mindestens 50 |
in der Regel bis zum 16. Geburtstag bis zum 18. Geburtstag bei schweren und schwersten Einschränkungen |
| Maligne Erkrankung (= Krebs), z.B. akute Leukämie |
- |
während der zytostatischen Intensiv-Therapie (= Chemotherapie) |
| Immundefekt (angeboren, erworben oder durch eine Therapie entstanden, z.B. nach einer Transplantation oder während einer Krebsbehandlung) |
schwer | solange der Immunmangel dauert und der junge Mensch wegen der Infektionsgefahr ständig überwacht werden muss |
| Hämophilie (= Bluterkrankheit) | Substitutionsbehandlung ist nötig (bis zu einer Restaktivität von antihämophilem Globulin von 5 %) |
immer bis zum 6. Geburtstag danach weitere Jahre: |
| juvenile chronische Polyarthritis | - |
in der Regel bis zum 16. Geburtstag: bei der systemischen Verlaufsform (Still-Syndrom) / |
| Osteogenesis imperfecta | 2 oder mehr Knochenbrüche pro Jahr |
bis 2 Jahre lang keine Knochenbrüche mehr aufgetreten sind längstens bis zum 16. Geburtstag |
| Typ-I-Allergie gegen schwer vermeidbare Allergene, z.B. bestimmte Nahrungsmittel | bisheriger Verlauf lässt darauf schließen, dass lebensbedrohliche anaphylaktische Schocks drohen | in der Regel bis zum 12. Geburtstag |
| Zöliakie | nur ausnahmsweise |
Ein Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen H kann unter Umständen auch schon ab der Geburt ausgestellt werden, z.B. wenn ein schwerer Hirnschaden nachgewiesen ist. Informationen bieten Beratungsstellen (z.B. die unabhängige Teilhabeberatung), sozialmedizinische Nachsorgeeinrichtungen sowie Selbsthilfegruppen.
Praxistipp
Das Amt darf Ihrem Kind das Merkzeichen H nur entziehen, wenn es wirklich weniger hilfsbedürftig ist, nicht automatisch, weil es ein bestimmtes Alter erreicht hat. Ihrem Kind steht zwar nach einem bestimmten Geburtstag das Merkzeichen H nicht mehr nach den Regeln für Kinder und Jugendliche zu. Aber wenn es noch genauso hilfsbedürftig ist wie bisher, hat es Anspruch auf das Merkzeichen H nach den allgemeinen Regeln.
Das Amt darf Ihrem Kind nur dann das Merkzeichen H entziehen, wenn mindestens eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:
- Der Gesundheitszustand Ihres Kindes hat sich so gebessert, dass es jetzt nicht mehr so hilfsbedürftig wie vorher ist.
- Ihr Kind kann die wegen der Behinderung erforderlichen Maßnahmen jetzt selbstständig und eigenverantwortlich durchführen, die vorher eine Hilfspersonen leisten oder überwachen musste.
Wenn das Amt Ihrem Kind das Merkzeichen H nur wegen des Alters entzieht, ist das rechtswidrig. Dagegen können Sie sich mit einem für Sie kostenlosen Widerspruch wehren und, wenn dieser keinen Erfolg hat, mit einer für Sie ebenso kostenlosen Klage. Wenn Sie dafür anwaltliche Hilfe benötigen, müssen Sie die Anwaltskosten erst einmal bezahlen. Aber wenn Sie das Verfahren gewinnen, bekommen Sie das Geld zurück. Falls Sie sich notwendige Anwaltskosten nicht leisten können, können Sie für den Widerspruch Beratungshilfe beantragen und für die Klage Prozesskostenhilfe.
Vergünstigungen bei Merkzeichen H
Das Merkzeichen H führt zu folgenden Nachteilsausgleichen:
- Kostenlose Wertmarke für den öffentlichen Nahverkehr (Näheres unter Behinderung > Öffentliche Verkehrsmittel) und Befreiung von der KFZ-Steuer (Näheres unter Kraftfahrzeugsteuer-Ermäßigung bei Schwerbehinderung)
- Steuerfreibeträge bei der Einkommensteuer, Näheres unter Behinderung > Steuervorteile:
- Pauschbetrag bei Behinderung: 7.400 € pro Jahr
- Pflegepauschbetrag für Pflegeperson: 1.800 € pro Jahr
- Fahrtkostenpauschale für private Fahrtkosten: 4.500 € pro Jahr
- Befreiung von der Plaketten-Pflicht in Umweltzonen, siehe Behinderung > Leistungen zur Mobilität
- Krankenkasse übernimmt Fahrtkosten zu ambulanten Behandlungen, Näheres unter Fahrtkosten Krankenbeförderung
- Befreiung von der Hundesteuer für ausgebildete Assistenzhunde in vielen Gemeinden
Einen Überblick über alle Merkzeichen und allgemeine Informationen finden Sie unter Merkzeichen.
Die Merkzeichen-Tabelle gibt einen Überblick über die Nachteilsausgleiche, die mit den jeweiligen Merkzeichen verbunden sind.
Wer hilft weiter?
Versorgungsamt (in manchen Bundesländern heißt es anders, z.B. Amt für Soziales und Versorgung)
Verwandte Links
Nachteilsausgleiche bei Behinderung
Leistungen für Menschen mit Behinderungen
Rechtsgrundlagen: § 33b Abs. 3 Sätze 4 und 5 EStG - Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (Teil A, Nr. 4 & 5)