Bürgergeld > Erreichbarkeit

1. Das Wichtigste in Kürze

Beim Bürgergeld gibt es bis 30.06.2023, wie vorher bei Hartz IV, bei Ortsabwesenheit ohne Zustimmung des Jobcenters keine Leistungen, auch nicht für die Wohnung (Kosten der Unterkunft) und keine Kranken- und Pflegeversicherung. Danach gelten weniger strenge Regeln zur Erreichbarkeit im sog. näheren Bereich, aber wer diese nicht einhält bekommt trotzdem überhaupt keine Leistungen vom Jobcenter.

2. Regelung zur Ortsabwesenheit bis zum 30.06.2023

Bis zum 30.06.2023 führt der Aufenthalt außerhalb des sog. zeit- und ortsnahen Bereichs ohne Zustimmung des zuständigen Jobcenters zu einem Leistungsausschluss. Um die Zustimmung müssen sich Bürgergeldbeziehende vorher kümmern, sonst bekommen sie überhaupt kein Geld mehr vom Jobcenter. Die Leistung wird für Tage gestrichen, an denen das Jobcenter die Ortsabwesenheit nachweisen kann.

Ausnahme: An Wochenenden und Feiertagen darf der Wohnort ohne Zustimmung des Jobcenters verlassen werden, weil Bürgergeldbeziehende nur an Werktagen für das Jobcenter erreichbar sein müssen.

Der Leistungsausschluss ist für Betroffene viel härter als eine Leistungsminderung, z.B. wegen verpasster Termine, fehlenden Bewerbungen, Ablehnung einer Maßnahme oder Nichtannahme einer Arbeit. Denn Leistungsminderungen können insgesamt nicht mehr als 30 % des sog. Regelsatzes zur gleichen Zeit ausmachen, Näheres unter Bürgergeld > Kooperationsplan und Leistungsminderungen.

Durch einen Leistungsausschluss verlieren Betroffene nicht nur ihren kompletten Regelsatz, sondern auch die Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Zahlungen für die Kosten der Unterkunft. Eine Ortsabwesenheit ohne Zustimmung des Jobcenters kann also zu Verschuldung, mangelnder Gesundheitsversorgung oder gar Obdachlosigkeit führen.

Wer eine Ortsabwesenheit ohne Zustimmung des Jobcenters nicht kommuniziert und weiter Leistungen bezieht, macht sich in der Regel wegen Sozialleistungsbetrugs strafbar. Es droht Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe.

Das Jobcenter muss einer Abwesenheit zustimmen, wenn

  • ein wichtiger Grund, z.B. medizinische Vorsorge oder Reha, Teilnahme an kirchlichen oder gewerkschaftlichen Versammlungen, oder ehrenamtliche Tätigkeit vorliegt
    und
  • die Eingliederung in Arbeit nicht beeinträchtigt wird.

Es kann einer Reise für in der Regel bis zu 3 Wochen pro Jahr ohne wichtigen Grund zustimmen, z.B. für einen Urlaub oder Besuch bei Verwandten.

3. Regelung zur Erreichbarkeit ab dem 1.7.2023

Erwerbsfähige Leistungsberechtigte müssen sich in der Regel für das Jobcenter erreichbar sein, um Anspruch auf Bürgergeld zu haben. Wer nicht erreichbar ist, bekommt überhaupt kein Bürgergeld, also nicht nur keinen Regelsatz, sondern auch keine Kosten der Unterkunft und Heizung und keine Kranken- und Pflegeversicherung. Ab 1.7.2023 ist die Erreichbarkeit eine Leistungsvoraussetzung.

3.0.1. Voraussetzungen der Erreichbarkeit ab den 1.7.2023

Erreichbarkeit setzt künftig voraus:

  • Aufenthalt im sog. näheren Bereich: Möglichkeit das zuständige Jobcenter, einen möglichen Arbeitgeber oder den Ort einer Maßnahme im Landkreis oder der Stadt, für die das Jobcenter zuständig ist aufzusuchen
    • in angemessener Zeit
      und
    • ohne unzumutbaren Aufwand
      und
    • auf eigene Kosten, z.B. darf ein Zugticket nicht zu teuer für die betroffene Person sein
      und
    • bei Aufenthalt im Ausland: Nur im grenznahen Bereich
      und
  • Möglichkeit an jedem Werktag (auch Samstag) Mitteilungen und Aufforderungen des Jobcenters zur Kenntnis zu nehmen (Beispiel: Es reicht, wenn ein Nachbar an jedem Werktag zuverlässig den Briefkasten leert und Fotos der Briefe per E-Mail schickt)

3.0.2. Ausnahmen von der Pflicht zur Erreichbarkeit ab dem 1.7.2023

  1. Vorherige Zustimmung des Jobcenters zur Abwesenheit
    und
  • Wichtiger Grund für die Abwesenheit:
    • medizinische Maßnahme zur Vorsorge oder Rehabilitation z.B. eine stationäre Kur
    • kirchliche oder gewerkschaftliche Veranstaltung
    • Veranstaltung im öffentlichen Interesse
    • Abwesenheit um Arbeit oder eine Ausbildung zu finden, z.B. für ein Vorstellungsgespräch
    • Ehrenamt, durch das die Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit nicht wesentlich beeinträchtigt wird
      oder
  • für in der Regel höchstens 3 Wochen im Kalenderjahr, wenn keine wesentliche Beeinträchtigung der Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit durch die Abwesenheit entsteht
    oder
  • für in der Regel höchstens 3 Wochen im Kalenderjahr für Nicht-Erwerbstätige, die auch nicht arbeitslos sind (z.B. während der Elternzeit oder bei Schulbesuch von Minderjährigen)
  1. Abwesenheit wegen der Erwerbstätigkeit (z.B. Arbeit an einem entfernten Ort, Dienstreisen)

Wer dem Jobcenter das Verlassen des näheren Bereichs nicht mitteilt - außer wenn es wegen der Erwerbstätigkeit ist - und trotzdem weiter Leistungen bezieht, macht sich in der Regel wegen Sozialleistungsbetrugs strafbar.

3.1. Praxistipp

Wer zeitweilig ohne Leistungen nach dem SGB II auskommen kann, z.B. weil genügend Schonvermögen (Näheres unter Bürgergeld > Einkommen und Vermögen) vorhanden ist, kann sich für eine Reise vom Bezug des ALG II abmelden und nach der Reise erneut Leistungen nach dem SGB II beantragen.

4. Wer hilft weiter?

Die Jobcenter erläutern die Regeln.

Unabhängige Beratung bieten z.B. Erwerbslosenvereine und Sozialberatungen.

5. Verwandte Links

Bürgergeld

Bürgergeld > Kooperationsplan und Leistungsminderungen

Grundsicherung für Arbeitsuchende

Jobcenter

 

Rechtsgrundlagen: Erreichbarkeitsanordnung (EAO), § 7 Abs. 4a SGB II i.d.F. bis 30.6.2023, § 7b i.d.F. ab 1.7.2023

Letzte Bearbeitung: 26.01.2023

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