Menschen mit Demenz haben wegen ihrer motorischen Unruhe oft einen höheren Kalorien- und Flüssigkeitsbedarf, können aber meist nicht mehr selbst für ihre Ernährung sorgen. Es ist wichtig, die Mahlzeiten angenehm zu gestalten. Mit fortschreitender Demenz treten oft Probleme wie verändertes Geschmacksempfinden, Schwierigkeiten beim Umgang mit Besteck und Schluckprobleme auf. Bei Demenz wird trotz möglicher Einschränkungen grundsätzlich empfohlen, eine orale Ernährung der Sondenernährung vorzuziehen.
Grundsätzlich sinkt der Energieverbrauch im Alter. Hungergefühl und Appetit nehmen bei den meisten Menschen ab, wodurch einige vergessen zu essen. Dagegen bleibt der Vitamin- und Mineralstoffbedarf unverändert.
Durch Medikamenteneinnahmen und mangelnde Flüssigkeitszufuhr kann sich der Speichelfluss verringern. Dies kann sich auf das Geschmacksempfinden und die Schluckfähigkeit auswirken. Auch der Geruchssinn nimmt häufig ab, was ebenfalls den Appetit hemmt.
Es besteht die Gefahr einer Mangelernährung, die sich z.B. durch Müdigkeit, Kraftlosigkeit und Kreislaufprobleme äußert. Das kann die Sturzgefahr erhöhen, das Immunsystem schwächen und die Gefahr für die Entwicklung eines Druckgeschwürs (Dekubitus) vergrößern.
Mangelnde Flüssigkeitszufuhr ist ein häufiges Problem im Alter. Viele Senioren vergessen schlicht zu trinken, andere trinken zu wenig, damit sie nicht zu oft auf die Toilette müssen, z.B. wegen Inkontinenzproblemen.
Flüssigkeitsmangel kann verschiedene Symptome und Krankheiten wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, Lethargie und zu niedrigen Blutdruck hervorrufen. Eine unzureichende Flüssigkeitsversorgung kann auch zu Verwirrtheitszuständen führen und die Symptome der Demenz deutlich verstärken.
Ein schlechter Zustand der Zähne bzw. ein schlecht sitzendes Gebiss können das Essverhalten beeinflussen. Nahrung kann nicht mehr ausreichend zerkleinert und gekaut werden. Salate sollten deshalb fein geschnitten, Obst evtl. püriert und Fleisch weich geschmort werden, um ausreichendes Kauen zu ermöglichen. Zudem sollte regelmäßig der Sitz von Zahnprothesen beim Zahnarzt kontrolliert werden.
Für viele ältere Menschen ist es leichter, mehrmals am Tag kleine Zwischenmahlzeiten einzunehmen als mit den 3 Hauptmahlzeiten die erforderlichen Kalorien aufzunehmen.
Die Sehkraft lässt im Alter oft stark nach, was das Erkennen der Speisen erschwert und den Appetit mindert. Durch gezielte Auswahl der Speisen (z.B. buntes Gemüse neben Kartoffelbrei) kann das Erkennen der Speisen und damit der Appetit gefördert werden. Auch große einfarbige Teller mit übersichtlich angerichtetem Essen können hilfreich sein.
Weit verbreitet im Alter sind Verdauungsprobleme bis Verstopfung (Obstipation). Gründe dafür sind unter anderem zu wenig Bewegung und mangelnde Flüssigkeitszufuhr. Deshalb ist für ausreichende Flüssigkeitszufuhr und ballaststoffreiche Ernährung zu sorgen.
Manche Menschen mit Demenz verbrauchen durch motorische Unruhe, Umherlaufen und Stress mehr Kalorien. Gleichzeitig essen und trinken sie oft zu wenig aufgrund eines veränderten Hunger- oder Durstgefühls oder Gedächtnislücken. Werden sie von Angehörigen zum Essen oder Trinken aufgefordert, fühlen sie sich häufig bevormundet.
Es ist hilfreich, wenn Betroffene das Essen oder Trinken mit möglichst vielen Sinnen wahrnehmen können. Dazu gehören eine angenehme Atmosphäre und ansprechend dargereichte, angenehm riechende Speisen und Getränke. Meist ist es hilfreich, das Essen und Trinken immer wieder schmackhaft zu machen, ohne es zu "verordnen".
Es kann hilfreich sein, Menschen mit Demenz in die Speisenzubereitung mit einzubeziehen. Durch verschiedene Gerüche werden positive Erinnerungen geweckt. Durch Aktivitäten wie Kochen können motorische Fähigkeiten erhalten bleiben. Zudem können regelmäßige Beschäftigungen eine Routine bieten, die für Menschen mit Demenz beruhigend und orientierend wirken kann.
Bei manchen Menschen mit Demenz besteht ein unbegrenztes Bedürfnis nach Essen. Hier können Maßnahmen zur Beschäftigung und Ablenkung helfen.
Die Geschmacksempfindungen bei Demenz können sich verändern, oft werden süße Speisen bevorzugt. Bittere oder salzige Speisen werden teilweise als unangenehm empfunden und deshalb abgelehnt. Mundtrockenheit kann den Geschmackssinn zusätzlich herabsetzen, daher sollte der Mund regelmäßig befeuchtet werden.
Neben dem Geschmack wird oft auch die Temperatur der Nahrung nicht mehr gut wahrgenommen. Speisen dürfen daher nicht zu heiß serviert werden.
Menschen mit fortgeschrittener Demenz verlieren oft die Fähigkeit, Besteck zu benutzen. Hier kann es hilfreich sein, dass sie gemeinsam mit Angehörigen bzw. Pflegepersonal Mahlzeiten (sog. family style meals) einnehmen. Dabei können sie das Essverhalten von anderen abschauen und es nachahmen. Studien zeigen zudem, dass gemeinsame Mahlzeiten die Lebensqualität verbessern und das Körpergewicht erhöhen.
Bei einer nachlassenden Beweglichkeit der Hände und Arme kann spezielles Geschirr die Nahrungsaufnahme erleichtern. Es gibt Besteck mit dicken, rutschfesten Griffen, vertieften Löffelschalen oder speziell gebogenes Besteck. Um Betroffenen das Essen zu erleichtern, kann auf fingerfreundliche Mahlzeiten umgestellt werden. Diese bestehen aus mundgerechten Portionen (Fingerfood), die ohne Besteck gegessen werden können.
Einige Menschen mit Demenz müssen auch während des Essens aufstehen und umhergehen. Die Pflegeperson kann den Weg dann mit dem Essen begleiten (sog. Eat-by-walking-Modell), es können Imbiss-Stationen auf dem Weg eingerichtet werden oder ein Bauchladen installiert werden, auf dem unruhige Menschen ihr Essen mit sich tragen.
Unbedingt notwendig bei Demenz ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, da sich die Verwirrtheitszustände sonst weiter verschlechtern.
Getränke sollten den Tag über regelmäßig angeboten und an mehreren Stellen in der Wohnung positioniert werden. Das Trinkgefäß und das Getränkeangebot können für die Trinkbereitschaft eine Rolle spielen. Farbige Becher werden besser wahrgenommen und animieren zum Trinken. Schnabeltassen sind nur geeignet, wenn keine Schluckbeschwerden bestehen, da Getränke sonst unkontrolliert in Mund und Rachen fließen können. Flüssigkeit kann in die Atemwege gelangen und Husten, Erstickungsgefahr und Lungenentzündung verursachen.
Angehörige und Pflegende sollten herausfinden, was Betroffene bevorzugen, möglicherweise haben sich Vorlieben verändert.
Die Beeinträchtigung des Schluckreflexes ist ein Symptom der fortschreitenden Demenz. Anzeichen für Schluckstörungen sind Husten, Räuspern, Würgen, Verschlucken, Herausfließen von Speisen, veränderte Stimme und vermehrte Schleimproduktion.
Bei Schluckstörungen kann das Andicken von Flüssigkeiten das Trinken erleichtern. Sicherheitstrinkbecher helfen, Verschlucken zu vermeiden, indem sie kontrollierte Flüssigkeitsmengen abgeben. Essen sollte breiartig, aber optisch ansprechend sein, z.B. durch farbige Pürees.
Angehörige können sich Tipps und Anleitung von Logopäden oder speziell geschulten Diätassistenten holen. Näheres auch unter Logopädie.
Grundsätzlich sollte bei einem Menschen, der unter- bzw. mangelernährt ist, nach den möglichen Ursachen gesucht werden. Medikamente, Schmerzen oder andere Erkrankungen, z.B. Magen-Darm-Erkrankungen oder Depressionen, können sich auf den Appetit auswirken.
Menschen mit Demenz im fortgeschrittenen Stadium können oft keine Hinweise mehr auf ihr Befinden geben. Deshalb sind Beobachtungen durch Angehörige bzw. Pflegepersonal und regelmäßige Routineuntersuchungen von ärztlicher Seite notwendig.
Bei Mangelernährung sollten mehrmals täglich kleine nährstoffreiche Zwischenmahlzeiten angeboten werden. Energiereiche Getränke können eine zu geringe Kalorienaufnahme ausgleichen. Es gibt spezielle Trinknahrung, die sehr nährstoffreich ist und einem Mangelzustand entgegenwirken kann.
Bei einer Demenzerkrankung essen Betroffene mehr und besser, wenn sie mit anderen gemeinsam am Tisch essen. Das könnte mit der Vorbildwirkung zu tun haben. Wenn andere essen, essen sie auch, und sie könnten sich Fertigkeiten (Umgang mit Besteck) abschauen.
Sollte es trotz aller Bemühungen nicht gelingen, den Menschen mit Demenz zum Essen und Trinken zu bewegen, kann das Legen einer Magensonde eine lebenserhaltende Maßnahme sein, insbesondere dann, wenn eine Schluckstörung die Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme unmöglich macht.
Unter Umständen kann die Sonde nach Überwindung eines kritischen Zustands auch wieder entfernt werden. Näheres unter enterale Ernährung und parenterale Ernährung.
Die Magensonde ist ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit und bedarf der Zustimmung des Patienten bzw. seines Bevollmächtigten oder Betreuers, Näheres unter Betreuung oder Vorsorgevollmacht.
Wenn eine Magensonde für einen Menschen mit Demenz in Frage kommt, der selbst nicht mehr entscheiden kann, muss sorgfältig abgewogen werden, ob die künstliche Ernährung und damit ggf. eine Lebensverlängerung seinem mutmaßlichen Willen entspricht. Dieses Abwägen ist eine schwierige Aufgabe für Bevollmächtigte und Betreuer. Helfen kann eine palliative Beratung (Näheres unter Palliativversorgung) oder ein ethischer Abwägungsprozess mit entsprechend kompetenten Fachkräften aus Medizin oder Pflege. Wenn der Mensch mit Demenz eine Patientenverfügung erstellt hat, solange er noch einwilligungsfähig war, muss diese beachtet werden.
Aus medizinischer Sicht soll bei einer schweren Demenz keine PEG-Sonde eingesetzt werden. Es gibt keinerlei Belege, dass sie die Lebensdauer verlängert.
Die medizinische Leitlinie "Klinische Ernährung und Hydrierung im Alter" der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) gibt Empfehlungen zu Ernährungsmaßnahmen bei Menschen mit Demenz. Kostenloser Download unter www.awmf.org > Leitliniensuche > "Klinische Ernährung und Hydrierung im Alter".
Die medizinische Leitlinie mit dem aktuellen Stand der Forschungen zu Diagnostik, Behandlung und Therapie der "neurogenen Dysphagie" von der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.) können Sie unter www.awmf.org > Leitliniensuche > Suchbegriff: "Neurogene Dysphagie" einsehen.
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