1. Das Wichtigste in Kürze
Eine Demenz sollte ganzheitlich therapiert werden. Neben einer medikamentösen Behandlung sind vor allem psychosoziale Therapien sowie Informations- und Hilfsangebote für Angehörige wichtig.
Eine Heilung der primären Demenzen (z.B. Demenz vom Alzheimer-Typ) ist bislang nicht möglich. Sekundäre Demenzen bieten über die Therapie der Grunderkrankung zum Teil gute Heilungschancen.
Therapieziel bei der primären Demenz ist die Erhaltung der geistigen Leistungsfähigkeit und der Alltagskompetenzen. Bereits das Aufhalten der Erkrankung ist als Erfolg zu werten.
2. Medikamente gegen Demenz
Die medikamentöse Behandlung einer Demenz kann auf 2 Ebenen ansetzen:
- Ursachenbezogene Behandlung
Seit April 2025 gibt es in Deutschland ein neues Medikament gegen Alzheimer mit dem Wirkstoff Lecanemab. Es reduziert schädliche Ablagerungen im Gehirn und greift damit direkt eine der möglichen Krankheitsursachen an. Bisherige Medikamente konnten nur die Symptome lindern, aber nicht die Ursache bekämpfen. Heilung bringt das Medikament jedoch nicht, es kann nur das Fortschreiten verlangsamen. Die Behandlung kommt nur für Erkrankte in einem frühen Krankheitsstadium infrage und muss im Einzelfall geprüft werden.
- Symptomatische Behandlung
Obwohl es keine Heilung für primäre Demenzen gibt, können bestimmte Medikamente, sog. Antidementiva, den Krankheitsverlauf verlangsamen. Diese Medikamente wirken auf verschiedene Art und oft ist eine Kombination aus mehreren Medikamenten notwendig, um Erfolge zu erzielen. Manche Menschen sprechen gut auf die Behandlung an, andere weniger.
Zusätzlich können Begleiterscheinungen wie Schlafstörungen, Schmerzen, Depressionen, Wahnvorstellungen, Ruhelosigkeit, Niedergeschlagenheit oder Aggressionen mit speziellen Medikamenten behandelt werden. Ihr Einsatz erfordert jedoch viel Wissen und Erfahrung sowie eine genaue Beobachtung, da eine falsche Dosierung die Krankheit verschlimmern und die kognitive Leistung herabsetzen kann.
3. Therapie ohne Medikamente
Psychosoziale Maßnahmen sind wichtig bei der Behandlung von Demenz. Sie berücksichtigen die Persönlichkeit und Geschichte der Betroffenen, um Überforderung und negative Gefühle zu vermeiden. Ziel ist es, auf den vorhandenen Fähigkeiten aufzubauen.
3.1. Kognitives Training
Kognitives Training kann bei Menschen mit Demenz hilfreich sein, besonders bei leichter und mittlerer Demenz. Es kann helfen, den Gedächtnisverlust zu verlangsamen und die geistige Leistungsfähigkeit länger zu erhalten. Wenn das Training unangenehm ist, kann es abgebrochen werden.
- Gedächtnistraining
Trainiert und erhält vorhandenes Wissen. Neues lernen ist nur sehr eingeschränkt möglich.
Problematik: Wenn Menschen mit Demenz nicht erfolgreich lernen, werden sie mit ihrer eigenen Schwäche konfrontiert, was sehr belastend sein kann. Deshalb wird Gedächtnistraining meist nur in der Anfangsphase angewendet. Spielerische Trainingsformen können den Erfolgsdruck nehmen. Unterstützend zum Gedächtnistraining gibt es digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA). Ärzte können diese zertifizierten DiGA verordnen.
- Realitätsorientierung
Die Orientierung in Raum und Zeit kann durch Hinweise und Hilfen gefördert werden. Näheres unter Demenz > Wohnen.
- Biographiearbeit, Erinnerungsarbeit
Frühere Erlebnisse, die im Altgedächtnis gespeichert sind, werden abgerufen, um positive Gefühle hervorzurufen. Die Biographiearbeit kann auch dabei helfen, aktuelle Verhaltensweisen und Reaktionen von Betroffenen zu verstehen.
3.2. Körperliche Verfahren
- Ergotherapie
Ergotherapeutische, individuell angepasste Maßnahmen können bei leichter und mittelschwerer Demenz zum Erhalt der Alltagsfunktionen beitragen. Besonders hilfreich ist es, wenn die Bezugspersonen in die Therapie miteinbezogen werden.
Näheres unter Ergotherapie.
- Bewegungstherapie
Körperliche Aktivität verbessert Beweglichkeit, Balance und geistige Leistungsfähigkeit. Sie fördert positive Gefühle und stärkt die Selbstwahrnehmung. Empfohlen werden 150 Minuten mäßig intensive Bewegung pro Woche (z.B. zügiges Gehen) oder 75 Minuten intensive Übungen pro Woche (z.B. Joggen). Bewegungstherapie ist zudem hilfreich bei Bewegungsdrang und Umherwandern (Hin- und Weglauftendenzen) und kann Schlafstörungen mindern.
Näheres unter Physiotherapie.
- Logopädie
Die Logopädie umfasst bei Demenz die Bereiche Sprache zur Verbesserung der Kommunikation und/oder Schlucken zur Verbesserung der Ernährungssituation. Näheres unter Logopädie.
3.3. Künstlerische Therapien
- Kunst- und Musiktherapie
Musik hören, kreativ arbeiten und Bilder/Fotos anschauen kann je nach Lebenserfahrung des Menschen auch noch im fortgeschrittenen Stadium positive Gefühle vermitteln sowie agitiertes Verhalten (d.h. Verhaltensweisen, die durch krankhafte Unruhe entstehen, z.B. gesteigerter Bewegungsdrang) und Aggressionen reduzieren.
Aktive Musiktherapie hat zudem günstige Effekte auf psychische und Verhaltenssymptome, insbesondere auf Angst.
- Tanztherapie
Bewegung und Tanz werden zur Interaktion mit an Demenz erkrankten Personen eingesetzt, was besonders bei einer eingeschränkten sprachlichen Kommunikation die Ressourcen Betroffener stärken kann.
3.4. Sensorische Verfahren
Verfahren, die die Sinne ansprechen, soll Menschen mit Demenz helfen, die nicht mehr gut sprechen können.
- Aromatherapie
Der Einsatz von Geruchsstoffen kann unruhiges Verhalten und andere Verhaltenssymptome bei Menschen mit mittlerer und schwerer Demenz positiv beeinflussen.
- Snoezelen/ multisensorische Verfahren
Individuelle biographiebezogene Reize (z.B. bestimmte Musik, Lichter, Düfte) regen alle Sinne an und können Effekte auf Freude und Aktivität bei Menschen mit mittlerer und schwerer Demenz haben.
- Massagen, Berührungen
Körperliche Berührung kann als Kommunikationsmittel eingesetzt werden und eine beruhigende Wirkung haben. Dabei muss das Bedürfnis nach Distanz und Privatsphäre der demenzerkrankten Person beachtet werden.
3.5. Validation
Validation ist eine Kommunikationsmethode für den Umgang mit Menschen mit Demenz.
Ziel ist es, ihr Verhalten und ihre Gefühle als gültig zu akzeptieren („zu validieren“), ohne zu korrigieren oder zu beurteilen. Diese wertschätzende Kommunikation soll auf die Bedürfnisse der erkrankten Person eingehen, ihre Ängste reduzieren und ihr Selbstvertrauen stärken.
3.5.1. Beispiel für eine Gesprächssituation
Eine ältere Dame mit Demenz, Frau Müller, ist überzeugt, dass sie zur Arbeit gehen muss, obwohl sie schon lange im Ruhestand ist.
- Frau Müller zur Pflegeperson: "Ich muss mich beeilen, sonst komme ich zu spät zur Arbeit!"
- Pflegeperson: "Es muss sehr stressig für Sie sein, sich solche Sorgen zu machen. Erzählen Sie mir doch mal, was Sie heute bei der Arbeit alles erledigen müssen?"
Die Gefühle und die Realität von Frau Müller werden akzeptiert, ohne sie zu korrigieren. Das kann ihr helfen, sich zu beruhigen und sich verstanden zu fühlen.
Es gibt verschiedene Bücher, Podcasts und Selbsthilfegruppen mit praktischen Tipps und theoretischen Hintergründen zum Ansatz der Validation. In vielen Regionen werden über private Anbieter oder Volkshochschulen Kurse angeboten.
4. Dementia Care Management (DCM)
Das Bundesgesundheitsministerium hat die nationale Demenzstrategie entwickelt, um die Situation von Menschen mit Demenz und ihren Familien zu verbessern. Ein Teil dieser Strategie ist die Einführung des Versorgungskonzepts Dementia Care Management. Dabei arbeiten speziell geschulte Pflegefachkräfte gemeinsam mit dem Hausarzt daran, die Behandlung und Betreuung von Menschen mit Demenz zu Hause zu verbessern und bestmöglich zu koordinieren. Bisher wurde dieses Konzept nur in den Bundesländern Brandenburg, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern getestet. Es ist geplant, dass diese Versorgung als reguläre Leistung der Pflegekasse für alle Menschen mit Demenz im häuslichen Umfeld angeboten wird.
4.1. Praxistipp
Wie Dementia Care Management in der Praxis aussieht, können Sie in dem Wissenspodcast des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE) jederzeit nachhören unter www.dzne.de > Aktuelles > Podcast > Episode 35: Dementia Care Management: Mehr Lebensqualität für Erkrankte und Angehörige.
5. Leitlinie
Die medizinische Leitlinie mit dem aktuellen Stand der Forschungen zu Diagnostik, Behandlung und Therapie der Demenzen von der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.) finden Sie unter www.awmf.org > Suche Leitliniensuche > Suchbegriff: "Demenzen".
6. Praxistipps
7. Verwandte Links
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