Sterben ist ein Tabuthema, Sexualität ebenso. Die Kombination beider Themen stellt eine besondere Herausforderung für Partnerschaften dar. Es gibt keine allgemeingültigen "richtigen" oder "falschen" Antworten.
Sexualität in der Palliativversorgung betrifft nicht nur Sterbende, sondern alle Menschen mit einer lebensverkürzenden Erkrankung. Es geht um Lebensqualität, Nähe und Würde über den gesamten Krankheitsverlauf hinweg.
Ziel der nachfolgenden "Informationen" ist, zur Enttabuisierung beizutragen und damit die Lebensqualität von Betroffenen zu verbessern.
Sexualität in der Palliativphase richtet sich nach den Wünschen und Befindlichkeiten aller Beteiligten. Diese können sehr unterschiedlich sein. Besonders wichtig sind Gespräche, gegenseitiges Verständnis und partnerschaftliche Nähe. Dabei sollte sensibel auf mögliche Störfaktoren, z.B. ein erhöhtes Schamgefühl infolge des veränderten Äußeren eingegangen werden.
Sexualität, Körperlichkeit, Zärtlichkeit und Intimität können für schwer kranke Menschen wichtig sein – müssen es aber nicht. Manche erleben trotz schwerer Erkrankung intensive Nähe, andere ziehen sich zurück, z.B. aufgrund körperlicher Einschränkungen oder der Angst vorm Sterben.
Wo das Bedürfnis danach vorhanden ist, ist sexuelle Befriedigung ein wichtiger Aspekt der Lebensqualität und des Auslebens der Rolle als Mann/Frau/Divers.
Zärtliche Berührungen können gerade in der letzten Lebensphase besonders wertvoll und tröstlich sein, zum Teil auch als Ersatz für Sprache. Inwieweit dies als Teil der Sexualität empfunden wird, ist individuell unterschiedlich.
Die Sexualität in einer palliativen Situation kann durch verschiedene körperliche und psychische Faktoren beeinträchtigt sein, z.B.:
Um die Ursachen für Störungen der Sexualität abzuklären, können sich Betroffene und/oder Partner an Ärzte, Pflegekräfte oder Beratungsstellen wenden.
Bei Pro Psychotherapie e.V. finden Sie unter www.therapie.de > Therapeutensuche (Listen) > Worum geht es? > Sexualität Adressen von Therapeuten mit dem Schwerpunkt "Sexualität".
Durch krankheitsbedingte seelische und körperliche Veränderungen kann der intime Kontakt mit einem erhöhten Schamgefühl einhergehen. Dies kann eine Umstellung in der partnerschaftlichen Beziehung bedeuten.
Betroffene können ihr Identitäts- und Selbstwertgefühl verbessern, indem sie ihr Äußeres pflegen. Angehörige und Pflegende können bewusst dazu ermutigen und Betroffene dabei unterstützen. Möglichkeiten sind z.B.:
In stationären Einrichtungen (Pflegeheim, Hospiz oder Palliativstation) gehen Pflege-, Hilfs- und Reinigungskräfte oft ein und aus. Zu einer ungestörten Zweisamkeit und Intimität können folgende Aspekte beitragen:
In seltenen Fällen beeinflussen Opiate und Opioide die Sexualität. So kann z.B. die Libido herabgesetzt sein. Schon vorhandene Probleme, z.B. Impotenz, können durch die Einnahme verstärkt werden. Die Opioidanwendung kann die Wahrnehmung von Berührungen verändern. Sie können sowohl stärker als auch schwächer als vorher empfunden werden.
Gleichzeitig ermöglicht die Anwendung von Opioiden durch die Linderung starker Symptome wie Schmerzen oder Übelkeit oft erst wieder Nähe und erfüllende Berührung.
Eine zum Tode führende Erkrankung stellt jede Partnerschaft vor Herausforderungen. Die Bandbreite reicht von einem erfüllenden gemeinsamen Weg mit neuen Erfahrungen und der Fähigkeit loszulassen bis hin zu Abhängigkeiten, überhöhten Ansprüchen, Zwängen sowie psychischer und körperlicher Gewalt.
In diesem sensiblen Bereich ist es besonders wichtig, die Bedürfnisse aller Beteiligten zu achten, die eigenen und die Grenzen des anderen zu respektieren und offen über Wünsche und Ängste zu sprechen.
Wenn ein körperlich aktives Sexualleben nicht mehr möglich ist, kann Zusammengehörigkeit durch körperliche Nähe und Zärtlichkeit ausgedrückt werden.
Angst ist ein Gefühl, das am Lebensende eine große Rolle spielt, sei es vor dem, was kommt, vor Zurückweisung, vor Schmerzen oder vorm Sterben. Paare sollten versuchen, offen über ihre Befürchtungen, Bedenken, Wünsche und Gefühle zu sprechen, um Missverständnisse zu vermeiden und sich gegenseitig zu unterstützen.
Zwischen Pflegebedürftigen und Pflegepersonen kann sich manchmal eine besondere Beziehung entwickeln.
Dabei ist zu beachten, dass Pflegebedürftige schutzbefohlene Personen sind und von der Pflegekraft abhängig. Professionelle Pflegepersonen sollten sich dieser Verantwortung bewusst sein. Es kann hilfreich sein, wenn Intimpflege von einer Pflegekraft gleichen Geschlechts übernommen wird. Auf körperliche Erregung wie eine Erektion sollte ruhig und einfühlsam reagiert werden. Um unangenehme Situationen zu vermeiden, ist es wichtig, Grenzen wertschätzend, aber klar zu kommunizieren.
Bei partnerschaftlichen oder sexuellen Problemen können sich Palliativpatienten und deren Angehörige an Beratungsstellen wenden, z.B. www.profamilia.de > Beratungsstellen.