Demenz > Umgang mit der Erkrankung

1. Das Wichtigste in Kürze

Im Umgang mit Demenz ist Verständnis für Betroffene und ihre Krankheit sowie alle damit verbundenen Veränderungen und Unsicherheiten wichtig. Das bedeutet auch, genau zu überlegen, welche Aufgaben Menschen mit Demenz selbst erledigen können und welche Aufgaben ihnen abgenommen werden müssen. Den Betroffenen sollten im Rahmen selbstständiger Tätigkeiten und regelmäßiger sozialer Kontakte Erfolgserlebnisse ermöglicht werden, die ihnen ein Stück weit Sicherheit zurückgeben können.

2. Sich in Betroffene hineinversetzen

Es ist für Betroffene selbst sowie für die Menschen, die mit ihnen zusammenleben oder sie betreuen, schwer, mit der Erkrankung und den damit einhergehenden Veränderungen zurechtzukommen. Die Demenz beeinträchtigt die kognitive Leistungsfähigkeit, das Denkvermögen, die Persönlichkeit und das Verhalten der Erkrankten.

Die zunehmende Orientierungslosigkeit, das "Nicht-mehr-verstehen" der Umwelt und die fremd gewordenen Mitmenschen verunsichern oder lösen Versagensängste aus. Viele Menschen mit Demenz verstehen oder spüren z.B., dass sie sich in einer Situation nicht "richtig" verhalten haben, aber ihnen fehlt bereits das Wissen oder die Fähigkeit, dieses "richtige" Verhalten abzurufen.

2.1. Praxistipps

  • Durch Veränderungen bei den Nerven-Botenstoffen Serotonin und Dopamin kann es zu einem veränderten Gefühlsleben und zu Verhaltensauffälligkeiten kommen. Hinweise zum Umgang mit verschiedenen Situationen im Alltag finden Sie unter www.wegweiser-demenz.de > Alltag und Pflege > Alltagssituationen und www.deutsche-alzheimer.de > Menü > Mit Demenz leben > Umgang und Kommunikation.
  • Es ist wichtig, sich immer wieder in den Menschen mit Demenz hineinzuversetzen. Versuchen Sie zu verstehen, wie es sich anfühlen könnte, dass einem Namen, Termine und Zusammenhänge entfallen, dass die Welt einen durch den geistigen Abbau "bedroht", dass Vertrautes fremd wird, dass man sein Versagen fühlt – und machtlos dagegen ist.
  • Dieses Hineinversetzen ist sehr schwer. Manchen Angehörigen hilft folgendes Bild: Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem Haus und die Fenster werden immer kleiner. Sie sehen immer weniger, Sie erkennen immer weniger, Sie wissen immer weniger und das, was Sie sehen, passt immer weniger zusammen. Sie kommen aber nicht raus aus dem Haus.

3. Selbstständigkeit trotz Demenz erhalten

Nur wenige Demenz-Betroffene haben eine Krankheitseinsicht. Sie reagieren zum Teil mit Misstrauen und Ablehnung, z.B. weil sie Dinge und Menschen um sich herum nicht mehr richtig einordnen können. Auch der fortschreitende Verlust des Orientierungsvermögens verunsichert Betroffene.

Das Annehmen von Hilfe ist für Menschen mit Demenz daher oft schwierig. Die Konfrontation mit den eigenen Defiziten verletzt sie und kann leicht Abwehr erzeugen. Zu viel Hilfe kann aber auch noch vorhandene Fähigkeiten reduzieren und den Abbau beschleunigen.

3.1. Praxistipps

Das Gefühl gebraucht zu werden und die Fähigkeiten, die beim erkrankten Menschen noch vorhanden sind, sollten so weit wie möglich erhalten werden.

  • Geben Sie Menschen mit Demenz Sicherheit durch einen geregelten und gleich bleibenden Tagesablauf, z.B. Aufstehen, Waschen, Ankleiden, gemeinsames Frühstück – im immer wiederkehrenden, identischen Ablauf.
  • Schaffen Sie Erfolgserlebnisse. Ermuntern Sie Demenz-Betroffene, bestimmte Aufgaben im Alltag alleine zu verrichten, z.B. den Tisch zu decken oder Geschirr abzutrocknen. Die Aufgaben dürfen nicht überfordern.
  • Helfen Sie, wenn nötig, mit Anleitungen.
  • Je nach Tagesform des Betroffenen sollten Sie nur dann unterstützen und Tätigkeiten übernehmen, wenn es nötig ist.
  • Verändern Sie möglichst nichts im Umfeld von Betroffenen. Näheres unter Demenz > Wohnen.
  • Kritisieren Sie Menschen mit Demenz nicht und weisen Sie nicht auf Fehler hin. Denn das bewirkt in keinem Fall etwas Positives, sondern löst Reaktionen wie Scham, Widerstand, Aggression, Rückzug oder Trauer aus. Manche Betroffene können die Kritik auch gar nicht verstehen.

4. Sozialer Rückzug, Depression

Bei vielen Demenzbetroffenen, vor allem bei solchen, die alleine leben, fällt die Erkrankung anfangs nicht auf. Verhaltensweisen, die als Hinweis auf eine Demenz dienen können, sind z.B. Rückzug aus dem Freundeskreis oder Aufgeben eines Hobbys.

Sozialer Rückzug, Angst und Antriebslosigkeit sind typische Symptome einer Depression, können aber auch Anzeichen einer Demenzerkrankung sein. Angstzustände und Antriebslosigkeit können möglicherweise medikamentös behandelt werden. Sie verstärken sich aber bei Patienten, die von der Außenwelt isoliert leben und keinen Kontakt mehr nach außen zulassen. Bekannte sollten bei Verdacht auf Demenz (oder Depressionen) ärztliche Hilfe in die Wege leiten.

5. Halluzinationen

Teil der Demenz-Erkrankung kann es sein, Dinge zu sehen, zu riechen oder zu hören, die in Wirklichkeit nicht da sind (Halluzinationen). Teilweise kann es auch zu Wahnvorstellungen kommen, z.B. bestohlen worden zu sein. Diese Wahrnehmungen können Furcht und aggressives Verhalten auslösen. Angehörige sollten nie versuchen, dem Menschen mit Demenz seine Überzeugungen auszureden, sondern ggf. ärztliche Hilfe suchen, um die Symptome eventuell mit Medikamenten behandeln zu lassen.

6. Aggressionen

Oft werden Angehörige und Pflegekräfte von Menschen mit Demenz beschimpft, beleidigt oder sogar tätlich angegriffen. Mit dem Wissen um die Krankheit und dem Verständnis für die psychischen Auswirkungen auf den Menschen kann mit solchen Vorfällen besser umgegangen werden. Auf keinen Fall sollte derartiges Verhalten persönlich genommen werden. Betroffenen sollte so weit wie möglich Verständnis entgegengebracht werden, auch wenn es schwer fällt.

7. Kommunikation

Die Kommunikation bei Vorliegen einer Demenz unterliegt immer einem Dilemma: Einerseits ist sie für Angehörige und Pflegende teilweise schwierig, belastend, manchmal sogar verletzend, andererseits fördert sie die geistige Leistungsfähigkeit des Menschen mit Demenz, was den Fortschritt der Demenz verlangsamen kann.

7.1. Praxistipps

Folgende Tipps sollen zur Kommunikation ermutigen und sie erleichtern:

  • Üben Sie sich in "Respekt und Geduld" als Grundhaltung gegenüber Demenz-Betroffenen. Dies gelingt einfacher, wenn Sie sich gründlich über die Erkrankung informieren und sich so besser in den Menschen hineinfühlen können.
  • Ermuntern Sie zum Reden, ohne den Menschen mit Demenz zu überfordern. Möglicherweise gibt es eine Tageszeit (meist morgens und vormittags), zu der Gespräche besser gelingen, da Betroffene dann ein persönliches Tageshoch haben.
  • Formulieren Sie kurze und einfache Sätze. Wiederholen Sie diese klar und deutlich, wenn die sprachliche Verständigung durch die Krankheit schon eingeschränkt ist.
  • Stellen Sie Fragen, die mit Ja oder Nein zu beantworten sind. Stellen Sie keine Fragen, für deren Beantwortung Demenz-Betroffene sich an etwas erinnern oder etwas wissen müssen: Das kann sie verlegen, wütend oder traurig machen.
  • Wiederholen Sie wichtige Dinge mehrmals: konkret, mit Zeit, Ort und Namen.
  • Vermeiden Sie Diskussionen auf der Sachebene. Erkrankte Menschen verstehen besser, wenn man ihnen auf der emotionalen, also auf der Beziehungsebene, begegnet und ihre Gefühle wahrnimmt und erwidert. Die geistigen Fähigkeiten bei Demenzkranken sind beeinträchtigt, Appelle an ihr Gedächtnis ("Du weißt doch, dass ...") sind sinnlos.
  • Vermeiden Sie Streit, denn mit sachlichen Argumenten ist kein Erfolg zu erzielen. Aber bei Betroffenen bleibt das unangenehme Streit-Gefühl zurück, das sie sich aber nicht erklären können.
  • Nehmen Sie Emotionen, z.B. Ängste oder Unruhe, wahr und reagieren Sie darauf. Hilfreich ist, dazu Körpersprache und Körperkontakt einzusetzen. Selbst sehr verwirrte Menschen reagieren auf angemessene Berührungen und Mimik des Gegenübers. Das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit können Sie manchmal leichter "ohne Worte" vermitteln.
  • Gute Anknüpfungspunkte, um mit Demenzbetroffenen ins Gespräch zu kommen, sind Themen aus deren Vergangenheit (wie z.B. über den früheren Beruf). Aktuelle Themen eignen sich oft weniger. Bedenken Sie allerdings, dass das Erinnerungsvermögen im Verlauf der Krankheit immer schlechter wird.

8. Verdrehen des Tag-Nacht-Rhythmus

Einige Menschen mit Demenz haben einen sehr unruhigen Schlaf. Sie gehen nachts umher oder können Tag und Nacht nicht mehr unterscheiden. Dies ist besonders für die Angehörigen anstrengend, die nicht mehr zu ihrer Nachtruhe kommen.

8.1. Praxistipps

  • Machen Sie mit Menschen, die nachts unruhig sind, tagsüber lange Spaziergänge oder andere körperliche Aktivitäten.
  • Sorgen Sie für eine klare Hell-Dunkel-Abgrenzung, d.h.: Tagsüber viel Licht, nachts wenig. Dabei ist aber abzuwägen, ob Dunkelheit in der Nacht zu einem Orientierungsproblem und zu Stürzen oder Ängsten führen kann.
  • Informieren Sie den betreuenden Arzt über die Störung, damit er entscheiden kann, ob er evtl. ein Medikament ansetzt, das den Tag-Nacht-Rhythmus wiederherstellt oder zumindest verbessert.

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Letzte Bearbeitung: 08.03.2024

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