Das Wichtigste in Kürze
Die Behandlung von Migräne umfasst sowohl Medikamente als auch nicht-medikamentöse Maßnahmen. Ziel ist es, akute Schmerzen zu lindern und zukünftige Anfälle zu verhindern. Zu den Therapieoptionen gehören z.B. Schmerzmittel, spezielle Migränemittel wie Triptane und vorbeugende Maßnahmen wie Ausdauertraining oder Entspannungsverfahren. Bei schweren Verläufen können zusätzlich prophylaktische Medikamente oder eine Antikörpertherapie eingesetzt werden.
Akutbehandlung
Vielen Betroffenen hilft es, sich während einer Migräneattacke in einen dunklen, ruhigen Raum zurückzuziehen, um äußere Reize (z.B. Licht, Geräusche) zu verringern.
Für die Akutbehandlung von Migräneanfällen stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung:
- Analgetika (Schmerzmittel), z.B. Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen, Metamizol, Diclofenac-Kalium, Naproxen, Phenazon, Celecoxib (Trinklösung), Paracetamol, Kombinationsanalgetika (ASS + Paracetamol + Koffein), bei leichten bis mittelschweren Symptomen
- Triptane (gefäßverengende, entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkstoffe) bei schwereren Symptomen
- Kombinationsbehandlung aus einem Triptan und einem nicht steroidalem Antirheumatikum (NSAR) wie z.B. Naproxen, ASS oder Ibuprofen
- Lasmiditan und Rimegepant, wenn Analgetika und Triptane nicht ausreichend wirken oder nicht eingenommen werden dürfen
- Antiemetika (Medikamente gegen Übelkeit und Brechreiz): Metoclopramid, Domperidon
Nicht verwendet werden sollten Opioide (z.B. Tramadol). Zum einen ist das Abhängigkeitsrisiko hoch, zum anderen verursachen diese Medikamente oft chronische Kopfschmerzen. Opioide können darüber hinaus auch zu Erbrechen und Symptomen des zentralen Nervensystems wie z.B. Schwindel führen.
Die medikamentöse Behandlung der Migräne sollte individuell mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. Welche Medikamente geeignet sind, hängt z.B. von der Häufigkeit und dem Schweregrad der Migräneattacken, Begleiterkrankungen und möglichen Nebenwirkungen ab.
Sowohl die Antiemetika Metoclopramid und Domperidon als auch die meisten Triptane sind in Deutschland verschreibungspflichtig.
Anwendung
Die Medikamente wirken am besten, wenn sie so früh wie möglich bei Beginn einer Attacke genommen werden.
Bei häufigen Kopfschmerzen oder wenn nicht ganz sicher ist, ob es sich wirklich um eine Migräneattacke handelt, ist es trotzdem nicht zu empfehlen, schon bei den ersten Symptomen Medikamente zu nehmen. Denn Betroffene sollten eine regelmäßige Einnahme von Schmerzmedikamenten vermeiden, da bei zu häufiger Einnahme oder zu hoher Dosierung ein medikamentenbedingter Kopfschmerz entstehen kann. Grundsätzlich sollten Schmerzmittel nicht länger als 3 Tage hintereinander und nicht häufiger als 10 Tage pro Monat eingenommen werden.
Nichtmedikamentöse Akutbehandlung
Folgende nicht-medikamentöse Behandlungen zur Akutbehandlung werden empfohlen:
- Neurostimulation des Trigeminusnervs durch Klebeelektroden an der Stirn (Cefaly)
- Remote Electrical Neuromodulation (REN) durch elektrische Impulse am Arm. Betroffene mit implantierten Herzschrittmachern oder Defibrillatoren dürfen nicht damit behandelt werden.
- Blut-Volumen-Puls-Biofeedback (Vasokonstriktionstraining): Dabei lernen die Patienten, die Schläfenarterie durch eigene Willenskraft zu verengen bzw. zu erweitern.
Es gibt geringe Hinweise auf eine mögliche Wirksamkeit von Akupunktur zur Akutbehandlung von Migräne. Ein ausreichender wissenschaftlicher Nachweis dafür wurde bisher jedoch noch nicht erbracht.
Die Kosten dieser Behandlungen werden in der Regel nicht von der Krankenkasse übernommen.
Wann zum Arzt?
Ein Arztbesuch ist notwendig, wenn
- Kopfschmerzen bei Kindern, Jugendlichen und Schwangeren auftreten (viele Medikamente dürfen dann nicht eingenommen werden),
- bisherige Medikamente nicht mehr wirken,
- an mehr als 10 Tagen pro Monat Kopfschmerzen auftreten,
- Migräneattacken erstmals ab dem 40. Geburtstag auftreten,
- Schmerzen trotz Behandlung an Dauer, Intensität und Häufigkeit zunehmen oder der Schmerzort sich verändert,
- Kopfschmerzen mit Lähmungen, Schwindel, Wahrnehmungsstörungen, psychischen Problemen oder körperlicher Anstrengung einhergehen,
- neben der Migräne Symptome anderer Krankheiten wie Epilepsie oder Fieber auftreten oder
- Zweifel an der Einnahme und Dosierung der Medikamente oder Krankheitssymptome bestehen.
Vorbeugung
Nicht-Medikamentöse Methoden
Zur Vorbeugung können verschiedene nicht-medikamentöse Methoden eingesetzt werden, z.B.:
- Ausdauertraining: Regelmäßiges Ausdauertraining wie Joggen, Radfahren oder Schwimmen kann die Häufigkeit und Intensität von Schmerzattacken positiv beeinflussen. Weitere Informationen unter Migräne > Urlaub und Sport.
- Biofeedbacktherapie: Beim Biofeedback wird die bewusste Kontrolle über die körpereigenen Funktionen trainiert, um gezielter gegen Schmerzattacken vorgehen zu können. Durch Sensoren am Körper werden dem Patienten z.B. bildlich oder akustisch ausgewählte Körpersignale rückgemeldet. Durch dieses Feedback ist es möglich, Kontrolle über auftretende Symptome zu erlangen und der Betroffene wird befähigt, Entspannungsprozesse einzuleiten. Diese Therapien haben sich in wissenschaftlichen Studien als sehr effektiv erwiesen und werden in den medizinischen Leitlinien empfohlen (ggf. auch als Ersatz für vorbeugende Medikamente). Näheres unter Alternative Heil- und Pflegemethoden.
- Entspannungstherapie: Ein bewährtes Mittel, um Schmerzen zu mindern, aber auch um die Häufigkeit und Intensität der Anfälle zu reduzieren, sind Entspannungsübungen. Besonders effektiv ist die Progressive Muskelrelaxation (PMR). Die Vorteile dieses Verfahrens sind das schnelle Erlernen der Techniken sowie das unkomplizierte Anwenden im Alltag. Um Schmerzen nachhaltig zu lindern, ist es notwendig, dass die Übungen jeden Tag 15–20 Minuten durchgeführt werden.
Um Entspannungsverfahren zu erlernen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:- Im Rahmen einer Reha-Maßnahme von Physio- und Ergotherapeuten
- Im Rahmen der sog. Psychosomatische Grundversorgung bei speziell qualifizierten Hausärzten
- Im Rahmen von Präventionskursen, die von den Krankenkassen bezuschusst werden, Näheres unter Prävention. Anbieter sind z.B. Volkshochschulen, Vereine und Fitnessstudios
- Hypnose wirkt ebenfalls entspannend und kann als Entspannungsverfahren Migräneattacken reduzieren oder deren Stärke vermindern.
- Beratung des Patienten (Edukation)
Es konnte nachgewiesen werden, dass bereits eine Migräneberatung das Auftreten von Kopfschmerzen reduziert. Dieser Effekt konnte auch für Kinder wissenschaftlich bestätigt werden. Zudem kann durch eine Beratung die Besserung von kopfschmerzbegleitenden Symptomen und eine Erhöhung der Lebensqualität erreicht werden. Die Informationsvermittlung einer solchen (Online-)Beratung besteht aus dem Erkennen potenzieller Anfallsauslöser (Trigger), Regeln des gesunden Schlafs (Schlafhygiene), körperlichen Übungen sowie der Benutzung eines Migränekalenders. - Internet-Anwendungen und Smartphone-Apps zum Triggermanagement: Eine Protokollierung von Symptomen und Trigger und das Erlernen eines guten Umgangs damit ist über diese Anwendungen möglich. Bestimmte Apps können vom Arzt verordnet und von der Krankenkasse bezahlt werden, Näheres unter Digitale Gesundheitsanwendungen.
- Kognitive Verhaltenstherapie (KVT): Da auch psychische Faktoren und der Lebensstil Intensität, Dauer und Häufigkeit der Schmerzattacken beeinflussen, kann auch KVT die Zahl und Stärke der Migräneattacken vermindern. Bei der KVT geht es z.B. um Triggermanagement und darum, überhöhte Erwartungen an sich selbst, Versagensängste oder ungünstige Stressbewältigungsstrategien abzubauen, sowie zu lernen, mit einem Anfall umzugehen. In der Therapie können auch für die Vorbeugung günstige Veränderungen des Lebensstils eingeleitet und gefestigt werden. Näheres unter Psychotherapie.
- Achtsamkeitsmeditation: Achtsamkeitsbasierte Ansätze können die Lebensqualität verbessern.
Medikamente
Medikamente werden nur bei häufigen und/oder besonders stark ausgeprägten Migräneattacken oder bei anhaltender Aura eingesetzt. Die Medikamente sollen dann die nichtmedikamentöse Behandlung nur ergänzen, nicht ersetzen (Kombinationsbehandlung). Am besten wissenschaftlich belegt ist die vorbeugende Wirkung der folgenden Medikamente:
- Betablocker: Propranolol, Metoprolol, Bisoprolol
- Flunarizin
- Antikonvulsiva: Valproinsäure und Topiramat
- Antidepressivum: Amitriptylin
- OnabotulinumtoxinA (bei chronischer Migräne)
Ggf. kann der Arzt auch andere Medikamente empfehlen, deren Wirkung weniger gut erforscht ist. Es erfordert in der Regel einige Monate Geduld bis Arzt und Patient erkennen, ob das Mittel hilft oder ob ein anderes Medikament ausprobiert werden muss. Die Mittel zur Akutbehandlung eignen sich nicht zur Vorbeugung.
Antikörpertherapie
Monoklonale Antikörper gegen CGRP oder dessen Rezeptor können helfen, Migräneanfälle zu verhindern, wenn andere vorbeugende Medikamente nicht ausreichend wirken oder nicht vertragen werden. CGRP ist ein Eiweißstoff (Botenstoff) im Körper, der bei Migräne eine wichtige Rolle spielt. Er sorgt dafür, dass sich Blutgefäße im Kopf erweitern und Entzündungen entstehen, was die Schmerzen verstärkt. Medikamente gegen CGRP blockieren diesen Stoff oder seine Andockstelle (Rezeptor), um Migräneanfälle zu verhindern.
Die Antikörper werden einmal monatlich oder alle drei Monate mithilfe einer Spritze oder Infusion verabreicht und können die Zahl der Migränetage deutlich senken: bei etwa einem Drittel bis zur Hälfte der Betroffenen um mindestens 50 %.
Die Wirkung zeigt sich meist nach 4–12 Wochen, manchmal erst nach mehreren Monaten. Vor Beginn und während der Behandlung ist eine ärztliche Kontrolle wichtig. Bei bestimmten Patienten (z.B. Kinder, Schwangere) sollen monoklonale Antikörper nicht eingesetzt werden. Die Kostenübernahme durch die Krankenkasse ist möglich, wenn andere Therapien nicht geeignet sind oder nicht vertragen wurden.
Alternative Behandlungsmethoden
Akupunktur zeigt minimale positive Effekte im Vergleich zur Scheinakupunktur bei der Vorbeugung von Migräneattacken.
Keine Wirkung zeigten in wissenschaftlichen Studien Mittel wie Homöopathie oder Piercings. Viele andere Methoden, die zur Vorbeugung von Migräneattacken angeboten werden, sind wissenschaftlich nicht erforscht (z.B. Physiotherapie, Psychoanalyse, Neuraltherapie, Chiropraktische Therapie).
Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass alternative Ansätze im Einzelfall schmerzlindernd wirken können oder dass sich künftig die Wirksamkeit bestimmter Methoden noch herausstellen wird.
Medizinische Rehabilitation
Bei Migräne können medizinische Reha-Leistungen Teil des Behandlungskonzepts sein. Die nachfolgenden Links führen zu den sozialrechtlichen Bestimmungen rund um medizinische Reha, die bei Migräne infrage kommen können.
- Allgemeines zu Leistungen der medizinischen Rehabilitation
- Reha und Kur für Mütter und Väter
- Kinderheilbehandlungen
- Begleitperson bei stationärer Rehabilitation
Leitlinie Therapie der Migräne
Die S1-Leitlinie „Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne“ ist eine von Fachgesellschaften erstellte medizinische Empfehlung, die Ärzten evidenzbasierte und praxisorientierte Hilfen zur Behandlung akuter Migräneattacken und zur Vorbeugung weiterer Anfälle bietet. Diese Leitlinie sowie die Patientenleitlinie „Therapie der Migräne für Patientinnen und Patienten“ können im Portal der wissenschaftlichen Medizin unter https://register.awmf.org > Suchbegriff: „Migräne“ heruntergeladen werden.
Praxistipps
- In vielen Regionen gibt es Selbsthilfegruppen für Menschen mit Migräne. Der Austausch von Erfahrungen, Informationen und Tipps zur Behandlung kann dabei helfen, die Krankheit besser zu bewältigen. Links zu Selbsthilfegruppen finden Sie bei der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) unter www.dmkg.de > Aufklärung & Informationen > Selbsthilfe.
- Es ist hilfreich die Dauer, Stärke, vermutete Auslöser und Symptome einer Migräneattacke regelmäßig in einem Kopfschmerzkalender zu dokumentieren. Kalendervorlagen in verschiedenen Sprachen zum kostenlosen Download bietet die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) unter www.dmkg.de > Patienten > DMKG Kopfschmerzkalender.
Verwandte Links
Migräne > Häufigkeit - Formen - Ursachen