Das Wichtigste in Kürze
Ein Schlaganfall (auch Apoplex, Insult oder Stroke genannt) ist eine lebensgefährliche plötzlich auftretende Mangelversorgung der Nervenzellen im Gehirn, die zu verschiedenen Ausfällen, wie z.B. Lähmungen einer Körperseite, Sprachstörungen, Sehstörungen, Kopfschmerzen und Gleichgewichtsstörungen führt. Schlaganfälle und transitorische ischämische Attacken (= Vorboten eines Schlaganfalls mit Ausfallerscheinungen, die oft nach kurzer Zeit wieder verschwinden) erfordern einen schnellen Notruf und eine schnelle Behandlung in einer Stroke Unit eines Krankenhauses.
Nach Schlaganfällen sind in der Regel umfangreiche Reha-Maßnahmen nötig, von der Frührehabilitation im Krankenhaus bis hin zu Leistungen zur Teilhabe bei einer Behinderung durch den Schlaganfall in verschiedenen Lebensbereichen wie Arbeit, Wohnen und Freizeit. Wer dauerhaft pflegebedürftig bleibt, kann Leistungen von der Pflegeversicherung bekommen und wenn die Arbeitsfähigkeit nach einem Schlaganfall dauerhaft eingeschränkt bleibt, kann Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) bestehen.
Schlaganfallrisiko und Vorbeugung
Viele Risikofaktoren für einen Schlaganfall sind von den betroffenen Menschen zumindest teilweise beeinflussbar:
- Gesundheitsstörungen wie Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, Arteriosklerose, ein hoher Cholesterinwert und Diabetes erhöhen das Schlaganfallrisiko, aber eine gute Behandlung senkt es wieder.
- Lebensstilfaktoren wie Fehlernährung, Übergewicht, Bewegungsmangel, Rauchen und Alkohol erhöhen das Schlaganfallrisiko, aber die Betroffenen können ihr Verhalten ändern und so ihr Schlaganfallrisiko deutlich senken.
- Auch Dauerstress und hohe Luftverschmutzung erhöhen das Schlaganfallrisiko. Teilweise können Betroffene z.B. durch einen Berufswechsel oder einen Umzug diese Belastungen verringern, aber nicht alle Menschen haben die Möglichkeit, sich davor zu schützen.
Andere Risikofaktoren wie Alter, Vererbung und einen schon erlittenen Schlaganfall können die Betroffenen nicht beeinflussen, aber sie können sich dann besonders darauf konzentrieren, die beeinflussbaren Risiken zu senken. Wer schon einen Schlaganfall hatte, wird z.B. oft mit Medikamenten behandelt, die z.B. den Blutdruck oder das Cholesterin senken, die das Blut verdünnen und/oder die den Blutzuckerspiegel unter Kontrolle halten.
Bestimmte Schlaganfallrisiken betreffen nur Frauen, z.B. Bluthochdruck in der Schwangerschaft (Präeklampsie), hormonelle Verhütung, Hormonersatztherapie wegen Beschwerden durch die Wechseljahre und Hormonschwankungen. Andere betreffen Frauen häufiger als Männer, z.B. Migräne mit Aura, Depressionen und psychischer Stress.
Schlaganfall und Vorboten erkennen und schnell reagieren
Ein Schlaganfall wird durch den Verschluss einer Hirnarterie (ischämisch) oder durch das Reißen einer Hirnarterie (hämorrhagisch) verursacht und ist ein medizinischer Notfall. Ein schneller Therapiebeginn ist entscheidend für den Behandlungserfolg. Deshalb gilt bei Schlaganfall:
- Jede Minute ist kostbar. Bei verdächtigen Symptomen ohne Zögern die Notfallnummer 112 anrufen.
- Bei der Notfallmeldung den Schlaganfall-Verdacht benennen, damit die Dringlichkeit der Rettungsleitstelle bekannt ist.
Das gilt auch bei sog. transitorischen ischämischen Attacken (TIA). Das sind Vorboten von Schlaganfällen, bei denen Ausfallerscheinungen auftreten, die aber oft nach kurzer Zeit schon wieder verschwinden. Wer das nicht ernst nimmt, riskiert dauerhafte leichte Hirnschäden. Außerdem ist danach das Risiko für einen Schlaganfall stark erhöht, besonders in den kommenden Stunden und Tagen.
Schlaganfälle und TIA zeigen sich z.B. an folgenden Symptomen:
- Plötzliche Gefühlsstörung, Schwäche bis Lähmung auf einer Körperseite, häufig des Gesichts, des Arms oder der Hand, aber auch des Beins oder Fußes.
- Plötzliche Störung der Sprache und/oder Schluckprobleme.
- Plötzliche, oft nur kurzzeitige Sehstörung auf einem Auge, z.B. erblinden, Doppelbilder, verschwommenes Sehen.
- Plötzlich auftretender und erstmaliger rasender Kopfschmerz.
- Plötzlich einsetzende Gleichgewichtstörung, Orientierungsprobleme.
- Schwindel und Übelkeit können Begleitsymptome sein.
Behandlung und Rehabilitation bei und nach Schlaganfällen
Schlaganfälle sollten in einer zertifizierten Stroke Unit eines Krankenhauses behandelt werden. Das sind spezielle Abteilungen für die Behandlung von Schlaganfällen. Dort wird das Gehirn mit Hilfe einer Computertomographie (CT) und einer begleitenden Gefäßdarstellung (CT-Angiographie) untersucht, um die Ursache zu finden. Blutgerinnsel werden dann mit Medikamenten aufgelöst und eventuell in einer OP abgesaugt und das Blut wird mit Medikamenten verdünnt, damit es nicht zu weiteren Blutgerinnseln kommen kann. Hirnblutungen werden mit Medikamenten und Operationen gestoppt und eventuell wird dabei auch Blut bzw. angestautes Hirnwasser entfernt.
Die Rehabilitation nach einem Schlaganfall beginnt schon auf der Stroke Unit im Krankenhaus, Näheres unter Frührehabilitation. Sie wird dann je nach Bedarf in mehreren Phasen weitergeführt, Näheres unter Rehabilitation > Phasen A-F. Diese führen von der Frührehabilitation über eine neurologische Anschlussrehabilitation bis hin zur beruflichen Rehabilitation und anderen Maßnahmen zur Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, z.B. Leistungen zur sozialen Teilhabe. Ziel ist, wieder eine möglichst umfassende Teilnahme am Alltagsleben mit möglichst wenigen Einschränkungen herzustellen.
Die Behandlung und Rehabilitation umfasst je nach Bedarf z.B. folgende Therapien, Maßnahmen und Hilfen:
- Logopädie
- Ergotherapie
- Physiotherapie
- Psychotherapie (z.B. bei einer Post-Stroke-Depression)
- Reha-Sport
- Orthopädische und andere Hilfsmittel, z.B. Gehhilfen und Hilfsmittel in Haushalt und Freizeit und Rollstühle, Näheres zur Kostenübernahme und Zuzahlung unter Hilfsmittel
- Kraftfahrzeughilfe für den Umbau oder Kauf eines behinderungsgerechten Autos oder für einen Führerschein
- Umbaumaßnahmen für eine barrierefreie oder zumindest möglichst barrierearme Wohnung und / oder Betreutes Wohnen oder Assistenzleistungen zum selbstbestimmten Wohnen, Näheres unter Behinderung > Wohnen
- Zuschüsse an den Arbeitgeber für einen barrierefreien Arbeitsplatz (Näheres unter Beschäftigungssicherungszuschuss Minderleistungsausgleich)
- Arbeitsassistenz
- Leistungen zur Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder Alternativen zu Werkstätten für Menschen mit Behinderungen für eine Beschäftigung außerhalb einer Behindertenwerkstatt, z.B. in einem Inklusionsbetrieb oder mit Unterstützung in einem normalen Betrieb
- Sporthilfsmittel und Freizeitassistenz, Näheres unter Behinderung > Sport
- Leistungen zur Teilhabe an Bildung, besonders für Kinder und Jugendliche, die einen Schlaganfall erlitten haben
Rehabilitation beim Post-Stroke-Delir
Das sog. Post-Stroke-Delir ist ein demenzähnlicher Zustand, bei dem es zu Desorientiertheit, Verwirrtheit, Unruhe, Schlafstörungen, Apathie, Störungen des Denkens und der Sprache und sogar zu Halluzinationen und Wahnvorstellungen kommen kann. Er wird behandelt, indem zunächst alle möglichen Auslöser ausfindig gemacht und möglichst beseitigt werden. Maßnahmen wie Frühmobilisation und Orientierungshilfen sind günstig und Betroffene sollten einen normalen Schlaf-/Wach Rhythmus einhalten. Die Symptome können sich (anders als bei Demenz) durch die Behandlung und Rehabilitation unter Umständen vollständig wieder zurückbilden.
Pflegebedürftigkeit nach einem Schlaganfall
Manche Menschen werden nach einem Schlaganfall langfristig pflegebedürftig. Ihnen stehen in der Regel dann auf Antrag (Näheres unter Pflegeantrag) Leistungen der Pflegeversicherung zu, für die zunächst ein Pflegegrad festgestellt werden muss, z.B. Pflegegeld und Leistungen für einen Umbau der Wohnung, Näheres unter Wohnumfeldverbesserung. Ein Pflegegrad wird nur festgestellt, wenn die Pflegebedürftigkeit voraussichtlich noch mindestens 6 Monate dauern wird.
Bei kürzerem Pflegebedarf kommen bei der Rückkehr nach Hause nach der Klinikbehandlung und Anschlussrehabilitation Leistungen der häuslichen Krankenpflege von der Krankenkasse in Betracht. Wenn die Pflege zu Hause nicht möglich ist, kommt Kurzzeitpflege ohne Pflegegrad in einer Pflegeeinrichtung in Betracht.
Praxistipp
Wenn Sie einen Angehörigen nach einem Schlaganfall pflegen, können Sie sich bei einem Pflegestützpunkt beraten lassen, Näheres unter Pflegestützpunkte Pflegeberatung. Dort erhalten Sie Informationen zu Leistungen der Pflegeversicherung und zu Kursen, die Ihnen spezielles Wissen zur Pflege nach einem Schlaganfall vermitteln. Die Beratung ist kostenlos und hilft Ihnen auch bei Anträgen und der Organisation der Pflege. Die Leistungen der Pflegekasse reichen oft nicht aus, um alle nötigen Pflegekosten zu decken. Wer die verbleibenden Kosten nicht selbst bezahlen kann, kann aber Hilfe zur Pflege beim Sozialamt beantragen. Als Pflegeperson können Sie den Antrag allerdings nur dann für die pflegebedürftige Person stellen, wenn diese sie dafür bevollmächtigt hat oder wenn Sie als rechtliche Betreuung vom Betreuungsgericht bestellt wurden und solche Anträge zu Ihren Aufgabenbereichen gehören.
Erwerbsminderungsrente nach einem Schlaganfall
Wenn Betroffene nach einem Schlaganfall dauerhaft nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr arbeiten können, dann haben sie möglicherweise Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente. Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass die Rehabilitation nicht oder nicht ausreichend geholfen hat. Bevor sie einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellen, sollten Menschen nach einem Schlaganfall möglichst zunächst ihre Ansprüche auf Entgeltfortzahlung, Krankengeld und Arbeitslosengeld (Näheres unter Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosengeld > Nahtlosigkeit) ausschöpfen.
Wenn keine Erwerbsminderungsrente bewilligt wird oder wenn die Rente nicht zum Leben ausreicht, kann ein Anspruch auf Bürgergeld oder Sozialhilfe bestehen, Näheres unter Erwerbsminderung.
Praxistipps
- Hilfreiche Adressen z.B. von Selbsthilfegruppen, Therapie-Einrichtungen und Stroke-Units können Sie bei der Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe unter www.schlaganfall-hilfe.de > Für Betroffene > Adressen suchen und finden.
- Unabhängige Beratung zu Rehabilitation und Leistungen zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen bekommen Sie bei den Stellen für Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB).
- Mit dem FAST-Test der Deutschen Schlaganfallhilfe können Sie einen Schlaganfall-Verdacht überprüfen. Sie finden den Test unter www.schlaganfall-hilfe.de > Verstehen & Vermeiden > Schlaganfall erkennen > FAST-Test. Dort ist auch eine Seite zum Download der Fast-Test-App verlinkt, mit der Sie den Test per App mit Ihrem Smartphone oder Tablet durchführen können.
- Mit dem Schlaganfall-Patienten-Pass der Deutschen Schlaganfall-Hilfe (www.schlaganfall-hilfe.de > Für Betroffene > Alltag mit Schlaganfall > Medizinische Versorgung > Schlaganfall-Patienten-Pass) können Sie wichtige Informationen für die Erste Hilfe im Notfall festhalten, z.B. über Ihre Krankheitsgeschichte und benötigte Medikamente.
- Die Folgen eines Schlaganfalls können Sie als Behinderung oder Schwerbehinderung anerkennen lassen und dann verschiedene Hilfen und Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen, Näheres unter Schlaganfall > Schwerbehinderung. Unter anderem können Sie mit einer anerkannten Schwerbehinderung nach 35 Jahren Wartezeit 2 Jahre früher als normal abschlagsfrei in Ihre Altersrente gehen, Näheres unter Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
- Wenn Sie einen Schlaganfall hatten, dürfen Sie oft lange nicht mehr Autofahren, aber nach erfolgreicher Therapie kann Fahren im Einzelfall wieder erlaubt und möglich sein, Näheres unter Führerschein.
- Achten Sie nach einem Schlaganfall darauf, die gelähmte Seite aktiv einzubeziehen und zu trainieren. Es kann auch nach langer Zeit noch zu Verbesserungen kommen.
- Nützliche Informationen und Erfahrungen von Betroffenen zur Sexualität nach einem Schlaganfall finden Sie unter www.schlaganfallbegleitung.de > Schlaganfall > Lebensgestaltung.
Verwandte Links
Schlaganfall > Schwerbehinderung
Schlaganfall > Finanzielle Hilfen