Begleitung im Sterbeprozess

1. Das Wichtigste in Kürze

Das Wichtigste in der Begleitung sterbender Menschen ist das Eingehen auf ihre individuellen Bedürfnisse und Wünsche. Der Sterbeprozess ist bei jedem Mensch anders und verläuft nicht nach einem festen Schema. Er beginnt oft mit einem Rückzug aus dem Alltag, einem Nachlassen der Kräfte und dem Wunsch nach Ruhe und Frieden. Gespräche über Ängste, Wünsche und Rituale können helfen, diese Phase würdevoll zu gestalten.

2. Sterbeprozess

Die letzten Tage und Stunden sind geprägt von körperlichen und geistigen Veränderungen.

2.1. Körperliche Veränderungen

  • Durchblutung: Das Herz pumpt weniger Blut in die äußeren Körperregionen. Hände, Füße und Gesicht werden kühler und blasser. Die Haut kann marmoriert erscheinen, besonders an den Armen und Beinen.
  • Atmung: Die Atmung verändert sich, sie wird flacher, unregelmäßiger und kann von längeren Pausen unterbrochen sein. In vielen Fällen tritt die sog. Rasselatmung (siehe unten) auf, ein typisches Geräusch, das durch Sekret im Rachen entsteht.
  • Organfunktionen: Die Nierenfunktion lässt nach, was zu einer verminderten Urinausscheidung führt. Auch die Verdauung stellt ihre Tätigkeit weitgehend ein. Der Körper kann Flüssigkeit nicht mehr richtig verarbeiten, was zu Wassereinlagerungen führen kann.
  • Schwäche und Beweglichkeit: Die Muskelkraft nimmt stark ab. Selbst einfache Bewegungen wie das Drehen im Bett oder das Öffnen der Augen können unmöglich werden. Der Mensch wird zunehmend bettlägerig.
  • Bewusstsein: Viele Sterbende schlafen immer häufiger und länger. Das Bewusstsein trübt sich ein, sie wirken abwesend, reagieren kaum noch auf äußere Reize. Dennoch können Berührungen und Stimmen weiterhin wahrgenommen werden.

2.2. Seelische und emotionale Veränderungen

  • Unruhe und Agitiertheit: Manche Menschen zeigen in den letzten Stunden eine innere Unruhe, sie nesteln an der Bettdecke, greifen ins Leere oder versuchen aufzustehen. Diese Bewegungen können Ausdruck eines inneren Übergangs sein.
  • Ängste und Schmerzen: Angst vor dem Sterben, vor dem Alleinsein oder vor dem Unbekannten ist häufig. Schmerzen können auftreten, müssen aber nicht. Eine gute palliative Versorgung kann beides wirksam lindern. Näheres zur Linderung von Symptomen unter Palliativphase > Symptome.
  • Loslassen und Rückzug: Viele Menschen beginnen, sich innerlich vom Leben zu verabschieden. Sie ziehen sich zurück, sprechen weniger, wenden sich nach innen. Erinnerungen, Gedanken an geliebte Menschen oder unerledigte Dinge können in dieser Phase besonders präsent sein.

3. Offene Kommunikation

Die Begleitung in der Sterbephase sollte im Vorfeld konkret abgesprochen werden. Wünsche und Rituale können gemeinsam festgelegt und jederzeit der Situation angepasst werden.

Voraussetzung dafür ist ein offener Umgang aller Beteiligten mit dem Thema Sterben. Die letzten Stunden sind oft schwer, aber sie können später eine wertvolle Erinnerung sein und die Trauer erleichtern.

Professionelle Einrichtungen der Sterbebegleitung bieten Beratung und Begleitung, zu Hause oder stationär, sie unterstützen auch über den Tod hinaus.

In Pflegeheimen oder Krankenhäusern sollte mit Zimmernachbarn geklärt werden, ob sie anwesend bleiben möchten oder das Zimmer verlassen wollen.

Patienten können ihre Wünsche für die Sterbephase in einer Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung schriftlich festlegen. So wird sichergestellt, dass ihr Wille respektiert wird, auch wenn sie sich nicht mehr äußern können.

4. Gestaltung der letzten Lebensphase

Ziel ist in jedem Fall, dem sterbenden Menschen die letzte Lebensphase nach seinen Vorstellungen zu gestalten:

  • Nicht allein lassen, wenn kein ausdrücklicher Wunsch danach besteht – auch nicht bei Bewusstlosigkeit.
  • Unruhe vermeiden: Zu viele Anwesende können belastend wirken.
  • Eine Kontaktperson bestimmen, die Informationen weitergibt und Besuche koordiniert.
  • Andere Personen miteinbeziehen, wenn keine Angehörigen vor Ort sind , z. B. Seelsorger, Besuchsdienste, Ehrenamtliche.
  • Rituale und religiöse Begleitung ermöglichen, wenn gewünscht.
  • Beruhigender Kontakt durch Gespräche und Berührungen – Nähe zeigen.
  • Würdevolles Sterben gemäß Patientenverfügung und medizinischen Wünschen.
  • Notfallplan nutzen, um schwierige Entscheidungen zu erleichtern (z. B. Krankenhaus, Beatmung, Schmerztherapie).
  • Individuelle Wünsche zur Umgebung beachten, etwa Musik, Licht oder persönliche Gegenstände.

5. Pflegerische Aspekte

Die pflegerischen Schwerpunkte (Palliativpflege) verändern sich:

  • Die Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr tritt in den Hintergrund oder wird ganz eingestellt. Sie ist ggf. durch gute Mundpflege zu ersetzen, um Austrocknung, Schmerzen und Unwohlsein zu verhindern.
  • Für bequeme und entspannte Lagerung sorgen. Regelmäßige Umlagerung reduzieren oder ganz einstellen.
  • Hautpflege und Waschung individuell nach Wunsch gestalten, auch abhängig von der Notwendigkeit (z.B. starkes Schwitzen) und den Kräften der pflegebedürftigen Person.
  • Das Wechseln von Inkontinenzeinlagen auf ein zumutbares Maß reduzieren, ggf. Nassliegen in Kauf nehmen. Darmentleerung nur bei Beschwerden, z.B. Verstopfung, vornehmen.
  • Bei Schmerzen und anderen belastenden Symptomen den Arzt informieren, damit sie durch bestmögliche Medikation gelindert werden. Bei Schluckstörungen die Medikamente von oral (Tabletten und Kapseln) auf andere Formen der Verabreichung (z.B. Tropfen, Spritzen, Pflaster oder Schmerzpumpen über Vene) umstellen.

6. Rasselatmung

Die Rasselatmung, auch "terminales Rasseln" oder "Todesrasseln" genannt, ist ein deutliches Zeichen für den nahenden Tod. Sie entsteht, wenn Sterbende zu schwach sind, um Speichel und Schleim abzuhusten oder zu schlucken. Speichel oder Sekret sammelt sich im Bereich der Stimmritze und rasselt, wenn die Atemluft daran vorbeistreicht.

Die Rasselatmung ist kein Zeichen von Atemnot. Doch das Rasseln klingt für Außenstehende quälend und macht vor allem Angehörigen Angst. Der sterbende Mensch selbst nimmt das Rasseln aber kaum wahr.

6.1. Erleichterung bei Rasselatmung

Die Rasselatmung kann zum Teil gelindert werden:

  • Oberkörper hochlagern und wenn möglich Kopf seitlich lagern, damit Speichel nicht nach hinten läuft.
  • Mund regelmäßig trockentupfen.
  • Nichts mehr zu trinken geben und die künstliche Flüssigkeitszufuhr beenden. Sterbende haben in der Regel keinen Durst mehr und mehr Flüssigkeit regt die Speichel- und Sekretbildung an.
  • Den Mund und die Lippen pflegen, damit sie nicht austrocknen und reißen.
  • Kein Absaugen, das ist unangenehm bis schmerzend und regt die Schleimproduktion an.
  • Medikamente können die Speichel- und Sekretbildung reduzieren.

7. Was Angehörigen hilft und wie sie helfen können

Die letzte Zeit mit dem sterbenden Menschen ist emotional intensiv. Im Idealfall finden Angehörige Unterstützung durch Ärzte, Seelsorger, Mitarbeiter des Pflege- und /oder Hospizdienstes und (wenn vorhanden) eines Palliative-Care-Teams.

Erfahrungsgemäß ist es nach dem Tod eine wertvolle Erinnerung, noch da gewesen zu sein:

  • Die letzten Hilfestellungen sind wichtig für den sterbenden Mensch und für die Angehörigen selbst.
  • Angehörige können bei der Pflege mithelfen, Näheres unter Palliativpflege durch Angehörige.
  • Wenn Sterbende zu Hause gepflegt werden, sollte der Hausarzt eine kurze Mitteilung über Diagnose, Prognose und letzte Therapie hinterlegen. Das bietet Informationssicherheit, falls im Notfall noch ein weiterer Arzt hinzugezogen werden muss.

 

Aber: Angehörige dürfen sich auch nicht überfordern.

  • Es gibt Krankheits- und Sterbesituationen, die sind schwer oder gar nicht auszuhalten. Dann sollten sich die Angehörigen Hilfe holen, um die bevorstehenden Aufgaben zu bewältigen.
  • Einige sind nach Jahren der Krankheit und der immer intensiveren Pflege am Ende ihrer Kräfte und haben für die letzten Tage kaum noch Kraft. Jeder Mensch hat individuelle Grenzen der Belastbarkeit. Zum Schutz vor Überbelastung sollten Rückzugsmöglichkeiten genutzt werden, z.B. "Gästezimmer" im Hospiz, oder Personen, die einspringen und z.B. eine Nachtwache übernehmen: andere Angehörige, Hospizhelfer, Pflegekräfte.
  • Möglicherweise kann der Wunsch des Patienten, zu Hause sterben zu können, wegen der Überforderung des Umfelds nicht erfüllt werden. Dann kann ein Bett im stationären Hospiz oder auf einer Palliativstation eine Alternative sein.

8. Praxistipp

Sterbende brauchen vor allem Zuwendung. Oft werden sie von Angehörigen zu Hause begleitet. Sog. Letzte-Hilfe-Kurse vermitteln Interessierten und Angehörigen Basiswissen, z.B. zu Mundpflege, Patientenverfügung und Palliativversorgung. Eine Übersicht zu Kursangeboten in Ihrer Nähe finden Sie unter www.letztehilfe.info > Kurse.

9. Verwandte Links

Ratgeber Palliativversorgung

Sterbebegleitung

Todeszeichen

Nach dem Tod > Organisatorisches

Nach dem Tod > Abschied nehmen

Bestattungsformen und Bestattungsinstitute

Bestattungskosten Sozialhilfe

Trauer > Überblick

Letzte Bearbeitung: 14.07.2025

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