Down-Syndrom > Pflege

1. Das Wichtigste in Kürze

Viele Menschen mit Down-Syndrom sind ihr Leben lang pflegebedürftig. Eltern können schon für ihre Neugeborenen mit Down-Syndrom einen Pflegegrad feststellen lassen und Leistungen der Pflegeversicherung beantragen, z.B. Pflegegeld. Der Pflegegrad wird bei einer Begutachtung vom Medizinischen Dienst ermittelt. Gute Vorbereitung auf den Termin ist empfehlenswert, damit kein zu niedriger Pflegegrad ermittelt wird. Die Pflegekasse zahlt für Menschen mit Down-Syndrom in einer stationären Einrichtung nur eine kleine Pauschale, aber außerhalb solcher Einrichtungen muss die Pflegekasse ihre Pflegeleistungen zusätzlich zur Eingliederungshilfe erbringen.

2. Pflegegrad beim Down-Syndrom

Welchen Pflegegrad Menschen mit Down-Syndrom haben, ist sehr unterschiedlich und hängt davon ab, wie selbstständig sie sind und wieviel Unterstützung sie von anderen Menschen brauchen. Das hängt z.B. von der Art der Trisomie und von den Begleiterkrankungen ab und ist von Mensch zu Mensch verschieden.

Eltern von Kindern mit Down-Syndrom sollten gleich nach der Geburt einen Antrag auf Pflegeleistungen bei der Pflegekasse stellen. Diese beauftragt dann den Medizinischen Dienst den Pflegegrad zu ermitteln, indem ein Gutachter den Bedarf nach Unterstützung von anderen Menschen in verschiedenen Lebensbereichen einschätzt. Diese heißen Module. Näheres unter Pflegeantrag und Pflegebegutachtung. Beim Down-Syndrom sind Einschränkungen der Selbstständigkeit in allen Modulen wahrscheinlich.

  • Modul 1: Mobilität
    Menschen mit Down-Syndrom haben zum Teil Mobilitätseinschränkungen wegen verminderter Muskelspannung und gelockerten Bänder. Kinder mit Down-Syndrom brauchen oft länger, bis sie z.B. Sitzen, Krabbeln oder Gehen können. Darum kann es sein, dass junge Kinder in dem Bereich bei der Begutachtung viel mehr Punkte bekommen, als bei einer späteren Nachbegutachtung.
  • Modul 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
    Fast alle Menschen mit Down-Syndrom haben eine Intelligenzminderung. Viele haben z.B. Probleme bei der Orientierung, beim Verstehen von Sachverhalten, Informationen und Aufforderungen und beim Erkennen von Gefahren. Kinder mit Down-Syndrom lernen z.B. meistens langsamer sprechen und entwickeln einen geringeren Wortschatz. Hörprobleme sind eine häufige Begleiterkrankung, die zu Problemen bei der Kommunikation führen kann.
  • Modul 3: Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
    Viele Menschen mit Down-Syndrom reagieren emotionaler auf ihre Umwelt, sind impulsiver und werden leichter wütend. Teils halten sie nicht die übliche körperliche Distanz, was besonders bei Jugendlichen und Erwachsenen oft zu Schwierigkeiten führt. Das Risiko für psychische Probleme ist erhöht, z.B. für Depressionen und Angststörungen.
  • Modul 4: Selbstversorgung
    Babys mit Down-Syndrom haben oft eine Trinkschwäche und benötigen teilweise eine Sondenernährung. Kinder mit Down-Syndrom brauchen meist länger, bis sie selbst essen und trinken, sich anziehen und sich waschen können und bis sie trocken und sauber werden. Auch Erwachsene mit Down-Syndrom brauchen oft Unterstützung in diesen Bereichen. Auch wer diese Dinge selbst erledigen kann, braucht dafür oft Aufsicht, Anleitung und Vorbereitung (z.B. Bereitlegen der Kleidung).
  • Modul 5: Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
    Nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene mit Down-Syndrom benötigen z.B. oft Hilfe bei der Einnahme von Medikamenten, therapiemaßnahmen zu Hause, lange Besuche in Therapieeinrichtungen mit Begleitung und können nur mit Unterstützung Arzttermine wahrnehmen.
  • Modul 6: Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
    Oft brauchen Menschen mit Down-Syndrom z.B. Hilfe, um ihrem Tag eine Struktur zu geben, um den Tag-Nacht-Rhythmus einhalten zu können, um sich sinnvoll beschäftigen zu können, beim Planen für die Zukunft und damit Sie Kontakt mit Menschen außerhalb ihres engsten Umfelds haben können.

3. Pflegegrad bei Kindern mit Down-Syndrom

Für Kinder mit Down-Syndrom gelten bis zum 11. Geburtstag die Begutachtungskriterien zur Pflegeeinstufung von Kindern, Näheres unter Pflegegrade. Dabei wertet der Medizinische Dienst nur den Pflegeaufwand, der höher ist als bei gleichaltrigen Kindern ohne Behinderung. Pflegebedürftige Babys und Kleinkinder bis 18 Monate werden in der Regel einen Pflegegrad höher eingestuft, damit sie nicht so häufig nachbegutachtet werden müssen. Ab dem 11. Geburtstag gelten dann dieselben Berechnungsvorschriften für den Pflegegrad wie für Erwachsene.

Kinder in den ersten Lebensmonaten brauchen immer sehr viel Pflege, deshalb müssen die Eltern von Kindern mit Down-Syndrom den höheren Pflegeaufwand bei der Begutachtung ausführlich schildern. Ein höherer Pflegeaufwand besteht zum Beispiel, wenn das Stillen deutlich länger als normal dauert oder wenn das Baby umfangreiche Therapien und viele Arztbesuche benötigt.

4. Vorbereitung auf die Pflege-Begutachtung

Eine gute Vorbereitung auf den Termin zur Pflege-Begutachtung wegen Down-Syndrom ist sehr wichtig, um die richtige Pflegegrad-Einstufung erreichen zu können, und dann die Leistungen zu erhalten, auf die ein Anspruch besteht.

Vieles, was im Betreuungs-Alltag von Kindern mit Down-Syndrom normal erscheint, ist eigentlich nicht normal. Die Unterschiede fallen oft erst dann auf den ersten Blick auf, wenn das Kind schon etwas älter ist. Um den Mehraufwand erkennen zu können, hilft ein Vergleich mit gleichaltrigen Kindern bzw. Jugendlichen ohne Behinderungen. Eltern von Einzelkindern oder Eltern, die nur Kinder mit Behinderungen haben, können Gespräche mit Eltern von Kindern ohne Behinderungen helfen. Diesen Eltern fällt oft besser auf, welcher Aufwand über das normale Maß hinausgeht.

Ein Pflegetagebuch dokumentiert den Pflegeaufwand im Alltag. Wer es vor der Begutachtung ausreichend lange geführt hat und es zur Begutachtung mitnimmt, kann dann genauer beschreiben, welche Unterstützung wie oft nötig ist. Mit dem Pflege-Check (PDF-Download) ist eine ausführliche Vorbereitung auf die Begutachtung möglich. Er ermöglicht auch eine Einschätzung, welchen Pflegegrad die Begutachtung voraussichtlich ergeben könnte.

5. Fehler während der Begutachtung vermeiden

Bei der Begutachtung von älteren Kindern und Erwachsenen mit Down-Syndrom soll die pflegebedürftige Person manchmal bestimmte Fähigkeiten zeigen, z.B. das Anziehen eines Pullovers, das Trinken aus einem Glas oder das Essen mit Besteck. Wenn der Mensch mit Down-Syndrom das dann ohne Probleme vorführen kann und die Pflegeperson nichts dazu anmerkt, kann es sein, dass der Pflegebedarf zu niedrig eingeschätzt wird. Die Pflegeperson sollte deshalb unbedingt erklären, welche Unterstützung trotzdem nötig ist, z.B. Aufforderung, Anleitung, Aufsicht und / oder das Bereitlegen passender Kleidung, oder anderer nötiger Gegenstände wie z.B. des Bestecks oder eines Handtuchs.

Es kann sein, dass der Mensch mit Down-Syndrom beim Gutachten plötzlich Dinge schafft, die sonst nur ausnahmsweise möglich sind. Grund dafür ist, dass manche Menschen die Begutachtung als Prüfung ihrer Fähigkeiten erleben und sich deswegen besonders anstrengen. Die Pflegeperson sollte deshalb darauf hinweisen, dass die jeweilige Tätigkeit im Alltag nur selten gelingt. Die Pflegeperson kann den Gutachter schon vorab fragen, ob im Rahmen der Begutachtung ein Gespräch unter vier Augen möglich ist, um den Menschen mit Down-Syndrom nicht zu verletzen.

6. Widerspruch und Klage

Besonders bei der Begutachtung von Babys und Kleinkindern mit Down-Syndrom kann es sein, dass fälschlicherweise keine Pflegebedürftigkeit festgestellt wird oder dass eine Einstufung in einen zu niedrigen Pflegegrad erfolgt. Wer mit dem Ergebnis des Pflegegutachtens nicht einverstanden ist, kann dagegen einen kostenlosen Widerspruch einlegen, und, falls dieser abgelehnt werden sollte, kostenlos klagen. Näheres unter Widerspruch im Sozialrecht und Widerspruch Klage Berufung. Das ist ohne anwaltliche Hilfe möglich, aber anwaltliche Hilfe kann die Chancen verbessern. Wer sich die Kosten dafür nicht leisten kann und auch keine Rechtsschutzversicherung hat, die diese tragen kann, kann die anwaltliche Hilfe ggf. über die Beratungshilfe und die Prozesskostenhilfe finanzieren.

7. Eingliederungshilfe und Leistungen der Pflegeversicherung

Pflegeheime (Näheres unter Vollstationäre Pflege) sind normalerweise nicht für junge Menschen mit Down-Syndrom geeignet. Viele Menschen mit Down-Syndrom leben deswegen in stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen. Die Pflegeversicherung zahlt für die pflegebedingten Aufwendungen nur einen Pauschalbetrag von max. 278 € monatlich. Daneben gibt es in diesem Fall keine Leistungen der Pflegeversicherung.

Außerhalb von solchen Einrichtungen (z.B. beim Wohnen bei den Eltern, oder beim ambulant betreuten Wohnen) haben Menschen mit Down-Syndrom sowohl Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe als auch der häuslichen Pflege. Entweder erbringt dann der Träger der Eingliederungshilfe auch die Pflegeleistungen und lässt sich das Geld dafür von der Pflegekasse erstatten, oder der Mensch bekommt die Leistungen für die häusliche Pflege getrennt von der Eingliederungshilfe von der Pflegekasse.

Wenn Menschen mit Down-Syndrom in einem Pflegeheim leben, haben Sie zusätzlich Anspruch auf Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen, damit Sie am Leben in der Gesellschaft teilhaben können.

Näheres unter Eingliederungshilfe > Abgrenzung zur Pflege.

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Letzte Bearbeitung: 03.07.2025

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