Pflegeanträge sind bei der zuständigen Pflegekasse zu stellen. Nach Antragseingang beauftragt die Pflegekasse eine Begutachtung entweder vor Ort, telefonisch oder per Videotelefonie. Dabei wird geprüft, ob eine Pflegebedürftigkeit vorliegt. Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens wird der Grad der Selbstständigkeit in 6 Lebensbereichen (sog. Modulen) sowie in den Bereichen Haushaltsführung und außerhäusliche Aktivitäten ermittelt. Auf dieser Grundlage erfolgt die Einstufung in einen von 5 Pflegegraden. Erst mit Feststellung eines Pflegegrads besteht Anspruch auf Leistungen der Pflegekasse.
Pflegeleistungen werden von der pflegebedürftigen Person, ggf. mit Hilfe der Angehörigen, bei der Pflegekasse beantragt. Alternativ kann auch eine bevollmächtigte Person oder die vom Betreuungsgericht bestellte rechtliche Betreuung den Antrag stellen.
Voraussetzung ist, dass die Vorversicherungszeit erfüllt ist und die Pflegekasse die Pflegebedürftigkeit feststellt.
Zwischen Antragstellung und Genehmigung können mehrere Wochen vergehen. Wird in dieser Zeit bereits ein Pflegedienst benötigt, muss dieser zunächst selbst bezahlt werden. Nach Genehmigung übernimmt die Pflegekasse die Kosten in der Regel rückwirkend ab dem Datum der Antragstellung (siehe unten unter Beginn der Leistung) und bis zur Höhe der genehmigten Leistungen. Deshalb ist es wichtig, alle Belege aufzubewahren. Sollten nicht genügend finanzielle Mittel vorhanden sein, um die Pflegekosten vorzufinanzieren oder die späteren Zuzahlungen zu leisten, kann unter bestimmten Voraussetzungen Hilfe zur Pflege beim Sozialamt beantragt werden.
Nach dem Antrag erhalten Sie innerhalb einer bestimmten Frist (siehe unten) einen Termin für die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD). Meist findet dieser Termin zu Hause statt. Es gibt aber auch andere Arten der Begutachtung, z.B. nach Aktenlage. Pflegebedürftige sollten sich auf den Termin gut vorbereiten.
Über einen Antrag zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit muss die Pflegekasse innerhalb von höchstens 25 Arbeitstagen (d.h. Werktage, Montag bis Freitag) entscheiden.
Je nach Situation gelten kürzere Fristen für die Begutachtung:
Sie betragen
Die Frist kann durch regionale Vereinbarungen verkürzt werden (§ 18 Abs. 3 SGB XI).
Nach Eingang des Gutachtens muss die Pflegekasse dann unverzüglich, d.h. so schnell wie möglich entscheiden.
Werden diese Fristen nicht eingehalten, muss die Pflegekasse für jede begonnene Woche der Fristüberschreitung 70 € an die pflegebedürftige Person zahlen.
Ausnahme: Dies gilt nicht, wenn die Pflegekasse die Verzögerung nicht zu vertreten hat oder die pflegebedürftige Person bereits vollstationär gepflegt wird und mindestens den Pflegegrad 2 hat.
Sobald die Pflegekasse das Gutachten erhalten hat, stuft sie die pflegebedürftige Person in einen Pflegegrad ein und sendet der antragstellenden Person einen Leistungsbescheid zu. Dieser enthält Angaben zum Pflegegrad und den daraus resultierenden Leistungen der Pflegekasse (Pflegegeld bzw. Pflegesachleistungen). Ist absehbar, dass sich der Pflegegrad in naher Zukunft ändern könnte, kann in angemessenen Abständen ein Wiederholungsgutachten erfolgen. Der erneute Begutachtungstermin richtet sich nach der im Pflegeplan des Erstgutachtens genannten Prognose. Bei pflegebedürftigen Kindern wird ein Wiederholungsgutachten in der Regel nach 2 Jahren durchgeführt.
Zusätzlich beinhaltet das Schreiben Empfehlungen zur Prävention und Rehabilitation. Sofern die pflegebedürftige Person zustimmt, leitet die Pflegekasse diese Empfehlungen an den zuständigen Rehabilitationsträger weiter. Dies löst ein Antragsverfahren auf Leistungen der medizinischen Rehabilitation aus.
Der Beginn der Leistungen der Pflegekasse hängt vom Datum der Antragstellung und vom Beginn der Pflegebedürftigkeit ab. Die Pflegekasse leistet
Ist die pflegebedürftige Person mit der Entscheidung der Pflegekasse über den Pflegegrad nicht einverstanden, kann sie innerhalb eines Monats nach Erhalt des Bescheids Widerspruch einlegen.
Da die Pflegebegutachtung nur eine Momentaufnahme darstellt, kann es sein, dass die tatsächliche Pflegesituation falsch eingeschätzt wird. Als Grundlage für den Widerspruch sollte unbedingt das Gutachten bei der Pflegekasse angefordert werden, sofern es dem Feststellungs- bzw. Ablehnungsbescheid nicht bereits beiliegt. Das Gutachten sollte dann sorgfältig mit den eigenen Pflegeerfahrungen verglichen werden. War die pflegebedürftige Person beispielsweise am Tag der Begutachtung ungewöhnlich fit oder bemühte sich, einen besonders guten Eindruck zu machen, kann dies zu einer Fehleinschätzung geführt haben. Ebenso ist es möglich, dass die begutachtende Person einen Umstand übersehen oder nicht genügend berücksichtigt hat.
Folgende Hinweise sollten bei einem Widerspruch beachtet werden:
Ein Wiederholungsgutachten ist erforderlich, wenn sich die Pflegesituation einer Person wesentlich verändert hat oder ein Widerspruch gegen eine Entscheidung der Pflegekasse eingelegt wurde. Die Wiederholungsbegutachtung muss beantragt werden (siehe oben) und kann als Hausbesuch, Telefoninterview oder Videotelefonat erfolgen. In bestimmten Fällen ist auch eine Begutachtung nach Aktenlage möglich, wenn ausreichend aussagekräftige Unterlagen vorliegen. Ziel ist es, die aktuelle Pflegesituation zu erfassen und zu bewerten, ob sich der Pflegegrad ändern sollte oder ob die bisherige Einschätzung weiterhin zutrifft.
Pflegekassen, Pflegestützpunkte sowie das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Gesundheit mit dem Schwerpunkt Pflegeversicherung, Telefon: 030 3406066-02, Mo–Mi 8–16 Uhr, Do 8–18 Uhr, Fr 8–12 Uhr.
Pflege-Check – Vorbereitung auf den Begutachtungstermin
Rechtsgrundlagen: §§ 15, 17, 18, 33 SGB XI