1. Das Wichtigste in Kürze
Studien zeigen, dass soziale Beziehungen Schmerzen positiv oder negativ beeinflussen können. Deshalb sollte eine ganzheitliche Schmerztherapie auch soziale Faktoren berücksichtigen. Das Verhalten von Angehörigen, Freunden und Kollegen kann einen positiven Einfluss haben und zur Schmerzlinderung beitragen. Umgekehrt können Konflikte oder sozialer Rückzug die Schmerzempfindung verstärken. Für Menschen mit Schmerzen ist es wichtig, dass sie sich verstanden und ernst genommen fühlen. Das kann helfen, seelischen Stress zu verringern und einer Chronifizierung der Schmerzen vorzubeugen.
2. Soziale Auswirkungen von chronischen Schmerzen
2.1. Auswirkungen auf Patienten
Wer ständig oder häufig starke Schmerzen hat, gerät ohne Behandlung und gutes Selbstmanagement (Näheres unter Chronische Schmerzen > Behandlung und Rehabilitation) leicht in einen Kreislauf von Einsamkeit, Angst, Hoffnungslosigkeit und Depression. Dies kann zu sozialem Rückzug führen und z.B. folgende Auswirkungen auf das tägliche Leben und soziale Kontakte haben:
- Wer schmerzbedingt nicht mehr gut gehen oder längere Zeit sitzen kann, zieht sich schnell zurück. Die Sorge, bestimmten Situationen nicht mehr gewachsen zu sein oder sie unter Schmerzen nicht genießen zu können, verstärkt die Rückzugstendenzen. Betroffene verlassen wegen ihrer starken Beschwerden das Haus nur noch, wenn es unumgänglich ist, z.B. für einen Arzt- oder Apothekenbesuch. Auch Sport und Hobbys werden häufig aufgegeben.
- Menschen mit starken Schmerzen essen zum Teil nicht genug oder schlafen schlecht. Die Folgen sind häufig Gewichtsverlust, Schwäche und Müdigkeit.
- Ein hoher Rechtfertigungsdruck kann belasten: Schmerzpatienten können vieles nicht mehr so erledigen oder mitmachen wie vorher, aber die Schmerzen sind nicht sicht- oder beweisbar. Die Gefahr, als "Simulant" abgetan zu werden, ist hoch. Um dem aus dem Weg zu gehen, ziehen sich manche Betroffene zurück.
- Wer starke Schmerzen hat, kann (verständlicherweise) oft gereizt sein und die Freude am Leben ebenso verlieren wie die Hoffnung auf Besserung. Wenn die Schmerzerkrankung sehr lange anhält und Therapieerfolge ausbleiben, kann das zu psychischen Veränderungen bis hin zu psychischen (Folge-)Erkrankungen führen.
So können sich körperliche Faktoren, psychische Probleme und soziale Schwierigkeiten gegenseitig beeinflussen. Alle 3 Bereiche können chronische Schmerzen auslösen und aufrechterhalten, Näheres unter Chronische Schmerzen > Psyche.
2.2. Auswirkungen auf Angehörige und Freunde
Eine chronische Schmerzkrankheit beeinflusst das gesamte Umfeld. Oft leidet die ganze Familie unter der Situation. Gesunde Menschen können sich kaum in die Lage von Schmerzpatienten hineinversetzen – das kann zu Konflikten führen. Aber auch die eigene Hilflosigkeit angesichts der Schmerzen des Angehörigen ist schwer zu ertragen.
- Überforderung der Angehörigen
Wenn sich Familienangehörige um die Probleme und Sorgen des Schmerzpatienten kümmern, kann das dazu führen, dass ihnen nur noch wenig Zeit für ihre eigenen Bedürfnisse und Angelegenheiten bleibt.
- Wegfall gemeinsamer Aktivitäten
Häufig ziehen sich Betroffene zurück und meiden soziale Kontakte. Sind langes Gehen oder Sitzen nicht mehr möglich, können Aktivitäten mit Partner oder Familie, z.B. Ausflüge, Urlaube, Restaurantbesuche oder Hobbys, nur noch sehr eingeschränkt wahrgenommen werden. Das kann zu Spannungen führen.
- Finanzielle Probleme
Lange Phasen der Arbeitsunfähigkeit und daran anschließende Arbeitslosigkeit können finanzielle Probleme nach sich ziehen. Unter Umständen kann der Lebensstandard der Familie nicht mehr gehalten werden.
- Familiäre Konflikte
Wenn die Schmerzen lange anhalten und keine Therapien helfen, kann es in der Familie vermehrt zu Streit oder Spannungen kommen.
3. Tipps für Menschen mit Schmerzen
- Den behandelnden Arzt bezüglich der Schmerzen ansprechen. Nahezu alle Schmerzen können mit der richtigen Behandlung gelindert werden. Wenn erste Therapieansätze nicht greifen, frühzeitig nach einem spezialisierten Schmerztherapeuten fragen.
- Den Arzt informieren, wenn eine eingeleitete Schmerztherapie nicht ausreichend wirksam ist oder störende Nebenwirkungen auftreten. Möglicherweise gibt es ein besser verträgliches Medikament.
- Schmerztagebuch führen: Das hilft, die Wirksamkeit der Schmerztherapie einzuschätzen und diese richtig anzupassen. Näheres unter Schmerzmessung.
- Besuch einer Selbsthilfegruppe für Schmerzpatienten: Was hilft, ist vor allem das Verstanden werden und der Austausch mit anderen Betroffenen. Hilfreiche Adressen unter Chronische Schmerzen > Entstehung und Schmerzarten und unten bei "Wer hilft weiter?".
- Da Aufmerksamkeit, Gedanken und Gefühle Einfluss auf das Schmerzempfinden haben und dieses entsprechend verstärken oder abschwächen können, ist Ablenkung eine wichtige Verhaltensstrategie gegen den Schmerz. Gespräche, gemeinsame Erlebnisse oder Hobbys können die Schmerzwahrnehmung vermindern. Schonen und die Konzentration auf den Schmerz können ihn dagegen verstärken.
- Die Beschäftigung mit Tieren oder das Engagement in einer Gruppe (z.B. Selbsthilfe, Ehrenamt, Verein, Kurse) kann die Lebensfreude fördern und vor Isolation und Vereinsamung schützen.
- Viele Menschen mit chronischen Schmerzen fühlen sich besser, wenn sie sich mehr bewegen und Sport machen, Näheres unter Chronische Schmerzen > Sport und Bewegung.
- Bei chronischen Schmerzen kann vom Versorgungsamt unter bestimmten Voraussetzungen ein Grad der Behinderung (GdB) festgestellt werden, Näheres unter Chronische Schmerzen > Schwerbehinderung.
- Ist Krebs der Auslöser für die Schmerzen, sind psychosoziale Krebsberatungsstellen eine hilfreiche Anlaufstelle. Das Deutsche Krebsforschungszentrum bietet unter www.krebsinformationsdienst.de > Service > Krebsberatungsstellen: Adresssuche Adressen regionaler Anlaufstellen.
- Bei sexuellen Problemen können sich Betroffene an die deutschlandweit vertretenen Beratungsstellen von Pro Familia wenden. Adressen unter www.profamilia.de.
4. Tipps für schmerzkranke Eltern
- Benötigt ein chronisch schmerzkranker Elternteil Unterstützung bei der Kinderbetreuung, kann unter bestimmten Voraussetzungen bei der Krankenkasse eine Haushaltshilfe beantragt werden. Eltern mit Behinderungen, die Unterstützung bei der Betreuung und Erziehung ihres Kindes/ihrer Kinder benötigen, können eine Elternassistenz beantragen.
- Im Bedarfsfall können auch Leistungen des Jugendamts, z.B. eine ambulante Familienpflege, eine Tagespflege (Betreuung durch eine Tagesmutter/einen Tagesvater) oder eine sozialpädagogische Familienhilfe, in Frage kommen.
- Einen Überblick über die wichtigsten Leistungen und Regelungen für Eltern, Kinder und Jugendliche finden Sie unter Leistungen für Eltern, Kinder und Jugendliche.
- Informationen zu Unterstützungsmöglichkeiten für Eltern finden Sie unter Eltern in der Krise.
5. Tipps für Angehörige und Freunde
- Familienangehörige sollten keinen Erwartungsdruck auf den Schmerzpatienten ausüben. Viele Menschen mit Schmerzen ziehen sich gerade deshalb zurück, um diesem Druck sowie der Angst, als Simulant angesehen zu werden, aus dem Weg zu gehen.
- Da Aufmerksamkeit, Gedanken und Gefühle Einfluss auf das Schmerzempfinden haben und dieses entsprechend verstärken oder abschwächen können, ist die Ablenkung von den Schmerzen eine wichtige Strategie. Gespräche, gemeinsame Erlebnisse oder Hobbys können dem Schmerzpatienten dabei helfen, sich zu beschäftigen und auf andere Gedanken zu kommen.
Wenn ein Mensch mit Schmerzen oft gereizt oder launisch wirkt, steckt dahinter kein böser Wille, sondern die Belastung und Erschöpfung durch die dauernden Schmerzen. Für Angehörige ist das trotzdem schwer auszuhalten. Es kann helfen, sich mit Menschen auszutauschen, die einem guttun, oder eine Selbsthilfegruppe für Angehörige zu besuchen, um sich Unterstützung und Entlastung zu holen. Die Unabhängige Vereinigung aktiver Schmerzpatienten in Deutschland bietet Adressen von Selbsthilfegruppen unter www.uvsd-schmerzlos.de > Selbsthilfegruppe > Unsere Selbsthilfegruppen.
- Mitfühlende Unterstützung, die gleichzeitig ermutigt und stärkt, kann sich positiv auf den Umgang mit Schmerzen auswirken. Zu viel Schonung oder ständiges Mitleid hingegen können dazu führen, dass der Schmerz noch stärker wahrgenommen wird. Es ist hilfreich, den betroffenen Menschen ernst zu nehmen und zu einem aktiven Umgang mit den Schmerzen zu motivieren.
- Bei Konflikten sollte sich eine Familie nicht scheuen, sich Hilfe zu holen, z.B. in einer Familienberatungsstelle oder einer Paar- oder Familientherapie.
6. Wer hilft weiter?
Die folgenden Vereine bieten umfangreiche Informationen über den Alltag mit chronischen Schmerzen:
Deutsche Schmerzgesellschaft e.V.
030 39409689-0
E-Mail: info@schmerzgesellschaft.de
www.schmerzgesellschaft.de
Deutsche Fibromyalgie-Vereinigung (DFV) e.V.
Telefon: 06292 9287-58 (Mi von 9–13 Uhr)
E-Mail: info@fibromyalgie-fms.de
www.fibromyalgie-fms.de
Fibromyalgie-Liga Deutschland (FLD) e.V.
Telefon: 02974 8336-07
E-Mail: info@fibromyalgie-liga.de
www.fibromyalgie-liga.de
Verein eigenes leben – Hilfen für Kinder mit Schmerzen oder lebensverkürzenden Krankheiten e.V.
Telefon: 02363 97576-6
E-Mail: info@eigenes-leben-ev.de
https://eigenes-leben-ev.de
7. Verwandte Links
Chronische Schmerzen
Chronische Schmerzen > Psyche
Chronische Schmerzen > Entstehung und Schmerzarten
Opiate und Opioide
Verstopfung bei Opioidanwendung
Rückenschmerzen
Migräne