Vollzeitpflege ist eine Form der Erziehungshilfe des Jugendamts. Dabei wird das Kind von seiner Familie getrennt. Unterschieden werden eine kurzzeitig angelegte Vollzeitpflege im Fall akuter Krisensituationen und eine dauerhafte Vollzeitpflege in einem Heim, einer Pflegefamilie oder einer betreuten Wohneinrichtung.
Vorrangig gegenüber der Vollzeitpflege, die mit einer Trennung des Kindes oder Jugendlichen von der Familie verbunden ist, sind familienergänzende Maßnahmen wie Erziehung im Rahmen einer sozialpädagogischen Familienhilfe, eines Erziehungsbeistands oder in einer Tagesgruppe.
Vollzeitpflegestellen können befristet und unbefristet sein. Folgende Formen zählen zur Vollzeitpflege:
Eine Dauerpflegestelle ist die Unterbringung eines Kindes in einer Pflegefamilie – in der Regel für viele Jahre bzw. bis zur Volljährigkeit. Diese Pflegestelle wird durch das Jugendamt vermittelt, kann allerdings auch selbst vom Erziehungsberechtigten gesucht werden und braucht dann eine Pflegeerlaubnis durch das Jugendamt.
Bei jüngeren Kindern ist die Vollzeitpflege in einer Pflegefamilie gegenüber der Heimerziehung vorrangig.
Die Adoptionspflege ist der Zeitraum zwischen Einzug des Kindes bei den Adoptiveltern und der endgültigen Übertragung des Sorgerechts. In dieser Erprobungsphase von etwa einem Jahr soll eine Beziehung zwischen dem Kind und den Adoptiveltern aufgebaut werden. Das Sorgerecht liegt in dieser Zeit beim Jugendamt, welches die Familie während der Adoptionspflege begleitet und berät. Die Adoption ist keine Leistung der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII), sondern wird zivilrechtlich im BGB geregelt. Die Abwicklung einer Adoption läuft aber über das Jugendamt.
Bei Vollzeitpflege gelten folgende Regelungen:
Als Angelegenheit des täglichen Lebens gilt, was häufig vorkommt und keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes hat. Hierzu zählen z.B.:
Nicht dazu zählen Grundentscheidungen, z.B. zum Schulbesuch, zur Schul-, Ausbildungs- und Berufswahl.
Bei Gefahr im Verzug bzw. sog. Eilentscheidungen besteht eine Vertretungsbefugnis (§ 1629 Abs. 1 BGB). Dies ist z.B. bei schwerwiegenden, eilbedürftigen ärztlichen Behandlungen der Fall. In der Regel sollte auch das Kind oder der Jugendliche in eine Heilbehandlung einwilligen, wenn es/er die Tragweite des Eingriffs und die Erklärungen dazu versteht. Der Erziehungsberechtigte ist unverzüglich zu informieren.
Die gesetzliche Vertretungsbefugnis der Pflegeeltern kann durch den Sorgerechtsinhaber eingeschränkt werden, jedoch nur unter dem Vorbehalt, dass den Pflegeeltern die Entscheidungs- und Handlungsbefugnisse erhalten bleiben, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben und Pflichten im Rahmen der Erziehung brauchen.
Wer ein Kind oder einen Jugendlichen über Tag und Nacht aufnimmt, braucht eine Pflegeerlaubnis. Sie wird vom örtlich zuständigen Jugendamt erteilt. Freie Träger können zwar Pflegepersonen vermitteln, aber keine Pflegeerlaubnis erteilen.
Die Pflegeerlaubnis wird nur erteilt, wenn die überprüfte Pflegestelle das Wohl des Kindes gewährleisten kann. Pflegepersonen mit Pflegeerlaubnis sind verpflichtet, das Jugendamt über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die das Wohl des Kindes betreffen.
Keine Pflegeerlaubnis brauchen:
Die Pflegeerlaubnis darf nicht mit Bedingungen oder Auflagen verbunden werden. Die Pflegestellen können jedoch vom Jugendamt immer wieder überprüft werden.
Die Pflegeerlaubnis ist den Pflegeeltern zu entziehen, wenn das Wohl des Kindes oder Jugendlichen in der Pflegestelle gefährdet ist und die Pflegeperson nicht bereit oder in der Lage ist, die Gefährdung abzuwenden.
In Sonderpflegestellen betreuen fachlich kompetente Pflegeeltern Kinder und Jugendliche mit Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungsbeeinträchtigungen oder Behinderungen.
Ob die Erziehung bei einer Pflegefamilie oder in einem Heim stattfinden soll, orientiert sich maßgeblich an folgenden Überlegungen:
Details siehe Heimerziehung.
Das Jugendamt trägt die Kosten der Vollzeitpflege. Die Eltern, Kinder, Jugendlichen und deren Ehegatten/Lebenspartner können unter bestimmten Voraussetzungen zu diesen Kosten herangezogen werden. Der Kostenbeitrag richtet sich nach der Kostenbeitragsverordnung und kann in der Höhe regional unterschiedlich ausfallen.
Nachfolgend Leistungen des Jugendamts:
Zu den Unterhaltsleistungen (Jugendamt) gehört der gesamte regelmäßig wiederkehrende Bedarf, z.B. Kleidung, Ernährung oder Unterkunft.
Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge hat einheitlich für alle Bundesländer folgende Empfehlungen für die Pauschalbeträge hinsichtlich der Unterhaltsleistungen bei Vollzeitpflege in einer Pflegefamilie ausgesprochen:
Die verbindliche Festsetzung der Pauschalbeträge obliegt den Landesbehörden.
Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge hat als Leistungen für die Pflege und Erziehung bei Vollzeitpflege in Pflegefamilien einen Pauschalbetrag von 275 € festgelegt.
Die verbindliche Festsetzung der Pauschalbeträge obliegt den Landesbehörden.
Kinder oder Jugendliche erhalten bei vollstationären Hilfen einen Barbetrag zur persönlichen Verfügung (§ 39 SGB VIII). Die Höhe dieses Barbetrags setzen die Landesbehörden fest.
(§ 40 SGB VIII)
Krankenhilfe gibt es, wenn für das Kind oder den Jugendlichen kein Krankenversicherungsschutz besteht (in der Regel über die Familienversicherung abgedeckt). Der Leistungsumfang entspricht der Gesundheitshilfe des Sozialamts.
In Einzelfällen kann das Jugendamt auf Antrag Beihilfen leisten, z.B. für:
Pflegeeltern, die Vollzeitpflege leisten, werden auf Antrag Beiträge zur Unfallversicherung sowie einer angemessenen Alterssicherung erstattet.
Nach der Vollzeitpflege kann für junge Erwachsene unter Umständen auch eine Nachbetreuung (Hilfe für junge Volljährige) in Frage kommen.
Weitere Informationen geben die örtlichen Jugendämter und folgende Verbände:
Vollstationäre Pflege (Pflegeheim)
Rechtsgrundlagen: §§ 33, 44 SGB VIII