24-Stunden-Pflege oder 24-Stunden-Betreuung von pflegebedürftigen Menschen zuhause wird meist mit Hilfe von Betreuungskräften aus Osteuropa realisiert. Die legale Beschäftigung ausländischer Haushaltshilfen, Betreuungskräfte oder Pflegekräfte ist über verschiedene Modelle möglich. Arbeitskräfte aus EU-Staaten können ohne Arbeitserlaubnis beschäftigt werden. Für sie gelten dieselben Bedingungen wie für deutsche Arbeitskräfte, also z.B. Bestimmungen zu Arbeitszeiten, Arbeitsschutz, Urlaub und Mindestlöhnen. Pflegekräfte aus Drittstaaten (= Ausländer aus Nicht-EU-Staaten) benötigen für die Arbeitsaufnahme eine Aufenthaltserlaubnis. Es ist zu unterscheiden zwischen "Haushaltshilfe", "Betreuungskraft" und "Pflegekraft".
Die Tätigkeiten, die eine ausländische Haushaltshilfe oder Betreuungskraft verrichten darf, unterscheiden sich von denen einer qualifizierten Pflegekraft.
Eine ausländische Haushaltshilfe oder Betreuungskraft darf folgende Dienstleistungen anbieten:
Zur Verdeutlichung:
Qualifizierte Pflegekräfte mit anerkannter Ausbildung aus der EU dürfen in Deutschland unter denselben Bedingungen beschäftigt werden wie Deutsche. Ausgebildete Pflegekräfte aus Nicht-EU-Staaten brauchen zur Beschäftigung in Deutschland eine Arbeitserlaubnis (siehe Ausländer).
Die Beschäftigung ausländischer Pflege-, Haushalts- oder Betreuungskräfte ist über verschiedene Wege möglich. Beschäftigte, die beim Pflegebedürftigen wohnen, werden auch als "Live-In-Betreuungskräfte", 24-Stunden-Pflegekräfte oder 24-Stunden-Betreuungskräfte bezeichnet.
Grundsätzlich gilt für alle Modelle: Eine 24-Stunden-Pflege oder 24-Stunden-Betreuung rund um die Uhr durch eine einzige Person ist in Deutschland legal nicht möglich. Es müssen Pausenzeiten, maximale Arbeitszeiten pro Tag und pro Woche, freie Tage und Urlaube eingehalten werden. Auch Bereitschaft gilt als Arbeitszeit.
Dies ist in der Praxis die weitaus häufigste Form. Beim Entsendemodell wird vom Pflegebedürftigen (oder Angehörigen) ein ausländisches Unternehmen beauftragt, das eine bei ihm angestellte Haushalts-, Betreuungs- oder Pflegekraft in seinen Haushalt entsendet. Das ausländische Entsendeunternehmen fungiert als Arbeitgeber, zahlt das Gehalt der Arbeitskraft und leistet im Heimatland Steuern und Sozialabgaben. Obwohl die Haushalts- oder Pflegekraft im Heimatland angestellt ist, müssen die Vorgaben des deutschen Arbeitsrechts eingehalten werden, siehe unten unter "Arbeitgebermodell".
Für Verstöße gegen rechtliche Regelungen kann nicht nur das beauftragte Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden, sondern grundsätzlich auch die pflegebedürftige Person oder die Angehörigen, die den Auftrag erteilt haben. Das gilt z.B. wenn eine Person ohne deutsche Arbeitserlaubnis tätig wird, die Vergütung den Mindestlohn unterschreitet oder die zulässige Länge der Arbeitszeit überschritten wird.
Die Pflegebedürftigen oder Angehörigen zahlen einen monatlichen Betrag an das ausländische Unternehmen. Es gibt auch Vermittlungsagenturen in Deutschland, die mit ausländischen Agenturen zusammenarbeiten. Pflegebedürftige oder Angehörige sollten sich unbedingt vergewissern, dass die entsendete Kraft im Heimatland sozialversichert ist. Als Nachweis dient die sog. A1-Bescheinigung.
In der Regel werden ausländische Kräfte vom Entsendeunternehmen max. für 2 Jahre entsendet, da nach Ablauf dieser Frist das deutsche Sozialversicherungsrecht gilt. Tatsächlich sind die Kräfte oft nur einige Monate am selben Arbeitsort im Einsatz.
Die Betreuungskräfte haben einen Anspruch auf den Mindestlohn, auch für Zeiten der Bereitschaft.
Für Selbstständige gilt in der EU die uneingeschränkte Dienstleistungsfreiheit. Die Haushalts-, Betreuungs- oder Pflegekraft meldet in Deutschland oder ihrem Heimatland ein eigenes Gewerbe an und arbeitet auf eigene Rechnung. Die Pflegebedürftigen oder Angehörigen schließen einen Dienstvertrag (§ 611 BGB), umgangssprachlich auch Dienstleistungsvertrag genannt, mit ihr ab, in dem die Tätigkeiten, Vertragsdauer und Vergütung vereinbart werden.
Das Problem bei diesem Modell ist die Gefahr der Scheinselbstständigkeit. Echte Selbstständige dürfen weder in ihrem Heimatland noch in Deutschland den Weisungen des Arbeitgebers unterworfen sein. Wenn es jedoch nur einen Auftraggeber gibt (den Pflegebedürftigen bzw. seine Angehörigen), die Haushalts- oder Pflegekraft dort im Haushalt wohnt und seine Anweisungen befolgt, handelt es sich wahrscheinlich um eine Scheinselbstständigkeit. Diese ist gesetzlich verboten und wird, auch für den Auftraggeber, mit hohen Strafen geahndet.
Wenn die Kraft aber eigenständig gestalten und handeln kann, gilt das Modell als legal. Details sind nachzulesen im Gutachten „Häusliche 24h‐Betreuung durch Selbständige. Gesetzgeberische Wege zur Verhinderung von Scheinselbständigkeit und zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen.“ Das Gutachten wurde auf Anfrage des Bundesministeriums für Gesundheit erstellt, direkter Link: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Pflege/Berichte/Gutachten_Thuesing_Teil_2_-_Haeusliche_24h-Betreuung_durch_Selbstaendige.pdf.
Beim Arbeitgebermodell wird der Pflegebedürftige oder ein Angehöriger selbst zum Arbeitgeber und schließt einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit der ausländischen Kraft. Die im Arbeitsvertrag geregelten Rechte und Pflichten unterliegen den Bestimmungen des deutschen Arbeits- und Tarifrechts.
Pflegebedürftige bzw. Privathaushalte, die eine ausländische Haushalts-, Betreuungs- oder Pflegekraft beschäftigen, müssen u.a. Folgendes beachten:
Wenn Sie überlegen, eine selbständige Kraft (Selbstständigenmodell) mit der Pflege zu beauftragen, haben Sie die Möglichkeit, vorab rechtssicher klären zu lassen, ob eine echte Selbstständigkeit vorliegen würde, oder eine illegale Scheinselbstständigkeit (sog. Statusfeststellungsverfahren).
Seit April 2022 ist ein Statusfeststellungsverfahren bei der Clearingstelle der Rentenversicherung schon möglich, bevor die Tätigkeit begonnen hat (sog. Prognoseentscheidung). Das Statusfeststellungsverfahren ist die einzige Möglichkeit, sich abzusichern, wenn unklar ist, ob eine Tätigkeit wirklich selbstständig ist. Wenn Sie die Statusfeststellung vorab beantragen, haben Sie kein Risiko, später ggf. nachzahlen zu müssen oder sich gar strafbar zu machen.
Wenn Sie den Antrag auf Statusfeststellung in Form einer Prognoseentscheidung stellen, müssen Sie bereits wissen
Die Antragsformulare stellt die Deutsche Rentenversicherung zur Verfügung unter www.deutsche-rentenversicherung.de > Suchbegriff: Formularpaket Statusfeststellung .
So geht es nach dem Antrag weiter:
Für ausländische 24-Stunden-Kräfte ist etwa mit folgenden Hauptkosten zu rechnen:
Für die gesamte Pflegebranche gelten Mindestlöhne.
Für reine Haushaltshilfen gilt seit 1.10.2022 ein Mindestlohn von 12 € pro Stunde. Nur wenn eine Kraft weniger als die Hälfte ihrer Arbeitszeit für pflegende Tätigkeiten aufwendet, darf sie als "Haushaltshilfe" entlohnt werden. Ansonsten müssen nach einer Gerichtsentscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.11.2015 (Az: 5 AZR 761/13) die höheren Mindestlöhne der Pflegebranche gezahlt werden.
Vom DIN-Verbraucherrat wurde im Februar 2021 ein Standard mit dem Titel DIN SPEC 33454 "Betreuung unterstützungsbedürftiger Menschen durch im Haushalt wohnende Betreuungskräfte aus dem Ausland – Anforderungen an Vermittler, Dienstleistungserbringer und Betreuungskräfte" veröffentlicht. Die Einhaltung dieses Standards soll die Anforderungen an Dienstleister und Betreuungskräfte sowie die Qualität ihrer Arbeit für Verbraucher transparent machen und ist in vier Bereiche unterteilt:
Wenn Anbieter von Betreuungsleistungen nach diesem Standard zertifiziert sind, wollen sie sicherstellen, dass rechtliche und soziale Qualitätskriterien eingehalten werden. Dies bietet Angehörigen und Pflegebedürftigen eine größere Sicherheit in der häuslichen Versorgung. Die DIN SPEC 33454 "Betreuung unterstützungsbedürftiger Menschen durch im Haushalt wohnende Betreuungskräfte aus dem Ausland – Anforderungen an Vermittler, Dienstleistungserbringer und Betreuungskräfte" kann kostenlos heruntergeladen werden unter www.beuth.de > Suchbegriff: DIN SPEC 33454.
Agenturen, die 24-Stunden-Pflege oder sog. Live-In-Pflege anbieten, finden Sie im Internet mit einer entsprechenden Suche. Live-In etabliert sich als Begriff für die Kräfte, weil damit ausgedrückt wird, dass es keine 24-Stunden-Verfügbarkeit geben darf.
Leider gibt es keine offizielle Stelle, die in diesem sensiblen Bereich berät. Zudem gibt es in den Beratungsmöglichkeiten große regionale Unterschiede. Unterstützung finden Sie möglicherweise bei der Verbraucherzentrale, einem Pflegestützpunkt, der Seniorenberatung, den Wohlfahrtsverbänden oder bei Selbsthilfegruppen für Angehörige, z.B. bei Pflegebedürftigkeit infolge von Demenz, Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma.
Vollstationäre Pflege (Pflegeheim)
Rechtsgrundlagen: AufenthG - § 284 SGB III