Depressionen > Behandlung

1. Das Wichtigste in Kürze

Depressionen sind ernst zu nehmende Erkrankungen. Depressive Menschen können ihre Niedergedrücktheit, den Interessensverlust und die Unfähigkeit, aktiv zu sein, nicht willentlich beeinflussen. Menschen, bei denen eine depressive Erkrankung vorliegen könnte, sollten unbedingt einen Arzt aufsuchen. Durch eine Behandlung, z.B. mit Psychotherapie und/oder Medikamenten, kann eine depressive Phase meistens deutlich verkürzt werden. Bei schweren Depressionen kann auch ein stationärer oder teilstationärer Aufenthalt erforderlich sein.

2. Behandlungsnotwendigkeit

Viele Depressionen werden nicht richtig diagnostiziert und angemessen behandelt. Eine Ursache dafür ist, dass psychische Erkrankungen in weiten Teilen der Gesellschaft noch immer stigmatisiert sind und nicht als "richtige" Erkrankungen anerkannt werden. Das kann unter anderem dazu führen, dass Patienten bevorzugt körperliche Symptome wie z.B. Magen-Darm-Probleme, Schwindel oder Atemnot schildern, aber die psychischen Beschwerden außer Acht lassen.

Wird die Erkrankung nicht erkannt und behandelt, sondern bagatellisiert ("Das wird schon wieder"), fühlen sich Betroffene (zu Recht) unverstanden, was die fatale Folge haben kann, dass sie noch tiefer in die Depression sinken.

Ein weiteres Problem ist, dass die fachärztliche und psychotherapeutische Versorgung regional sehr unterschiedlich ist und dadurch oft lange Wartezeiten für eine Therapie in Kauf genommen werden müssen.

Depressionen verschwinden zwar zum Teil auch ohne Behandlung wieder, aber dann dauern sie meistens deutlich länger und Rückfälle sind wahrscheinlicher. Die Krankheit wird mit verschiedenen Therapieansätzen behandelt. Grundsätzlich gilt, dass Depressionen zu den gut behandelbaren psychischen Erkrankungen zählen.

Bei leichten Depressionen ist nicht immer eine Behandlung notwendig, manchmal reichen auch folgende Maßnahmen:

  • unterstützende Gespräche
  • allgemeine Beratung
  • Schulungen
  • Selbsthilfebücher
  • Onlineprogramme

3. Medikamentöse Therapie

3.1. Medikamente bei leichten Depressionen

Medikamente, die gegen Depressionen wirken, werden Antidepressiva genannt. Bei leichten Depressionen werden meistens keine Antidepressiva verschrieben. Dann wirken sie nämlich laut Studien nicht besser, als ein Scheinmedikament (= Placebo), aber sie können unerwünschte Nebenwirkungen haben.

Ausnahmen werden z.B. gemacht,

  • wenn die leichte Depression ein Rückfall nach einer vorherigen mittelschweren oder schweren Depression ist.
  • wenn Antidepressiva früher schon einmal gut gegen eine depressive Phase geholfen haben.
  • wenn Psychotherapie nicht geholfen hat.

3.2. Medikamente bei mittelschweren Depressionen

Bei mittelschweren Depressionen helfen Antidepressiva laut Studien genauso gut wie Psychotherapie. Bei diesen Depressionen wirken Medikamente und Psychotherapie offenbar nicht besser, als nur eine Psychotherapie. Auf Medikamente kann also verzichtet werden. Wer aber keine Psychotherapie machen kann oder möchte – z.B. weil kein Therapieplatz frei ist – kann auch allein mit Medikamenten behandelt werden.

3.3. Medikamente bei schweren Depressionen

Bei schweren Depressionen hilft laut Studien am besten eine Behandlung mit Medikamenten und Psychotherapie.

3.4. Wirkungsmechanismus von Antidepressiva

Wie Antidepressiva wirken ist noch nicht vollständig bekannt. Lange Zeit ging die Wissenschaft davon aus, dass Antidepressiva dadurch wirken, dass sie bestimmte Botenstoffe im Gehirn beeinflussen. Aber inzwischen wurden weitere mögliche Wirkmechanismen gefunden, z.B., dass Antidepressiva offenbar die Fähigkeit, positive Informationen aufzunehmen sowie die Lernfähigkeit verbessern können.

Bei der Erforschung der Wirksamkeit von Antidepressiva gibt es einige Schwierigkeiten. Beispiel: Studienteilnehmende, die ein Antidepressivum bekommen, bemerken meistens an den Nebenwirkungen, dass es kein Scheinmedikament (= Placebo) ist. Das schränkt die Aussagekraft solcher Studien ein. Aufgrund dieser Schwierigkeiten und weil Antidepressiva nicht bei jedem Menschen mit Depressionen helfen, werden die Forschungsergebnisse immer wieder hinterfragt und neue Studien werden gemacht.

Diese Forschung kann die Behandlung mit Medikamenten wahrscheinlich verbessern.

3.5. Ablauf der Behandlung mit Medikamenten

Folgende Hinweise sind zum Ablauf der Behandlung mit Medikamenten wichtig:

  • Eine vertrauensvolle und offene Zusammenarbeit zwischen Betroffenem und behandelndem Arzt ermöglicht die Auswahl des richtigen Medikaments und aller weiteren Therapieschritte. Besonders am Anfang der Therapie wird der Arzt mehrmals nachfragen, wie das Medikament anschlägt, welche Nebenwirkungen auftreten und was sich in Bezug auf Schlaf, Antrieb usw. verändert.
  • Für die Auswahl des Antidepressivums gibt es keine einheitliche Regel, da es nicht möglich ist, verlässlich vorauszusagen, ob und wann ein bestimmter Patient auf ein bestimmtes Antidepressivum ansprechen wird. Nicht selten sind mehrere Anläufe notwendig, bis das individuell passende Medikament gefunden wird.
  • Bei der Einnahme von Antidepressiva sollte mit einer niedrigen "Anfangsdosis" begonnen und erst bei fehlender Besserung eine höhere Dosis genommen werden.
  • Da die Nebenwirkungen oftmals vor der gewünschten Wirkung auftreten und sich auch die Symptome zunächst verstärken, muss die erste Zeit zunächst überwunden werden, bis eine Besserung eintritt. Die Wirkung der Antidepressiva setzt erst nach ca. 2 Wochen ein.
  • Antidepressiva verschaffen meist eine Linderung der Symptome und können auch zu einer Heilung der Krankheit führen. Dazu müssen sie jedoch regelmäßig und über einen längeren Zeitraum eingenommen werden. Antidepressiva sollen mindestens 6 Monate nach Besserung der Symptomatik weiter eingenommen werden.
  • Eine Therapie mit Antidepressiva sollte nicht abrupt, sondern schrittweise beendet werden. Auch die Dosis sollte nicht eigenständig verändert werden, selbst wenn es zu einer Besserung kommt. Es besteht sonst die Gefahr eines Rückfalls.

3.6. Behandlung von Depressionen mit Johanniskraut

Johanniskraut ist ein pflanzliches Medikament, das laut Studien bei leichter und mittelschwerer Depression besser wirkt als ein Scheinmedikament (= Placebo). Johanniskrautpräparate sind in Apotheken frei erhältlich. Da Johanniskraut die Wirkung anderer Medikamente beeinträchtigen kann, sollte die Einnahme mit dem Arzt besprochen werden. Auch wenn Johanniskraut pflanzlich ist, können Nebenwirkungen auftreten.

3.7. Praxistipp

Ausführliche Informationen zu Medikamenten, die derzeit zur Behandlung von Depressionen empfohlen werden, finden Sie beim Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) in der "Patientenleitlinie: Unipolare Depression" unter www.patienten-information.de > Suchbegriff: "Unipolare Depression".

3.8. Zuzahlung und Zuzahlungsbefreiung

Erwachsene müssen für viele Medikamente Zuzahlungen in Höhe von 10 % des Abgabepreises bezahlen, mindestens 5 € und höchstens 10 € – umgangssprachlich oft als "Rezeptgebühr" bezeichnet. Manche Arzneimittel sind von der Zuzahlung befreit. Näheres unter Arznei- und Verbandmittel > Zuzahlung und Befreiung.

4. Psychotherapie

Die Psychotherapie orientiert sich an der jeweiligen Erkrankungsphase sowie den individuellen Möglichkeiten des Menschen mit Depressionen und seiner Lebenssituation. Dabei wird zu Beginn der Therapie gemeinsam mit dem Menschen mit Depressionen das Ziel festgelegt. Die therapeutische Beziehung kann helfen, sich zu öffnen, Gedanken und Handlungen zu reflektieren und sich über seine Gefühle Klarheit zu verschaffen. Langfristig unterstützt sie dabei, den Ursachen und aufrechterhaltenden Faktoren der Erkrankung auf die Spur zu kommen und die damit zusammenhängenden Konflikte zu bewältigen.

Bei psychischen Störungen mit Krankheitswert übernimmt die Krankenkasse die Kosten bestimmter psychotherapeutischer Behandlungen im Sinne einer Krankenbehandlung. Für eine Psychotherapie ist eine Überweisung durch einen Arzt nicht erforderlich.

Details zur Suche nach einem Therapieplatz, Kostenübernahme, Antrag und Dauer unter Psychotherapie.

4.1. Praxistipps

  • Vor Beginn einer Psychotherapie kann eine medizinische Diagnostik helfen, abzuklären, ob Krankheiten, wie z.B. Erkrankungen der Schilddrüse, Hormonstörungen, Tumore oder auch Diabetes ursächlich für eine Depression sind.
  • Es gibt zunehmend Apps und Online-Angebote (digitale Gesundheitsanwendungen – DiGA), die kostenlos sind oder von der Krankenkasse übernommen werden. Offiziell anerkannte Online-Anwendungen finden Sie im DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) unter https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis > Suchbegriff Depression. Auf Anfrage können Krankenkassen auch die Kosten für andere Gesundheits-Apps bzw. digitale Gesundheitsanwendungen übernehmen, Näheres unter Digitale Gesundheitsanwendungen.

5. Weitere nicht-medikamentöse Therapieverfahren

5.1. Elektrokrampftherapie (EKT)

Die EKT, auch elektrokonvulsive Therapie genannt, ist ein Verfahren, bei dem durch kurze Stromimpulse ein Krampfanfall ausgelöst wird. Der Strom wird über Elektroden, die an der Kopfhaut angebracht werden, übertragen. Der Eingriff wird unter Kurznarkose durchgeführt. Zusätzlich werden muskelentspannende Medikamente gegeben. Während der Akutbehandlung wird der Eingriff etwa 2–3 Mal pro Woche vorgenommen (ca. 10 Einzelbehandlungen). In der Regel tritt nach 2–4 Wochen eine Besserung ein. Da die Rückfallrate hoch ist, sollte sich an die Behandlung eine Erhaltungstherapie anschließen. Die Behandlungen erfolgen dann viel seltener, ca. einmal pro Woche oder Monat. Als Rückfallprophylaxe können auch Antidepressiva und/oder Psychotherapie in Anschluss an die EKT in Frage kommen.

EKT ist als wirksame Behandlung therapieresistenter und schwerer depressiver Störungen anerkannt, wird aber nur dann eingesetzt, wenn alle anderen Therapieverfahren keinen Erfolg bringen. EKT ist ein sicheres Verfahren. Neben den üblichen Risiken einer Narkose können vorübergehende Gedächtnisstörungen oder Verwirrtheitszustände auftreten. Auch Kopfschmerzen (z.B. Muskelkater) und Schwindel sind möglich. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass EKT bleibende Schäden am Gehirn verursacht.

5.2. Repetitive Transkranielle Magnetstimulation (rTMS)

Bei der rTMS werden durch starke Magnetfelder einzelne Bereiche der vorderen Gehirnhälften angeregt. Das Magnetfeld wird mit Hilfe einer an die Kopfhaut angelegten, stromführenden Spule erzeugt. Die Behandlung erfolgt ohne Narkose. Die rTMS wird i.d.R. erst eingesetzt, wenn eine medikamentöse Behandlung keine Wirkung zeigt. Ausgeschlossen von der Behandlung sind Schwangere, Menschen mit Herzschrittmachern oder bestimmten Implantaten. In Deutschland wird diese Therapie noch wenig angeboten, da noch nicht genug Studienergebnisse über deren Wirksamkeit vorliegen.

5.3. Lichttherapie

Da Lichtmangel als Ursache der Winterdepression (SAD) vermutet wird, kann zur Unterstützung der medikamentösen und psychotherapeutischen Therapie eine Behandlung mit künstlichem Licht eingesetzt werden. Bei der Lichttherapie sitzt der Patient ca. 80 cm entfernt vor einer hellen, weißen Lichtquelle eines speziellen Lichttherapiegeräts, bei dem alle UV-Strahlen herausgefiltert werden. Die Lichttherapie erfolgt möglichst sofort nach dem Aufstehen für 30–40 Minuten pro Tag. Nach 2–3 Wochen zeigt sich die Wirkung. Wenn die Lichttherapie hilft, kann sie auch den ganzen Winter über durchgeführt werden. In seltenen Fällen kann es zu Nebenwirkungen wie z.B. Kopfschmerzen kommen. Bei Augenproblemen sollte der Mensch mit Depressionen vorher augenärztlichen Rat einholen. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten nicht.

5.4. Wachtherapie (Schlafentzugstherapie)

Schlafmangel kann dazu führen, dass Menschen mit Depressionen sich sofort besser fühlen. Oft kommt es aber sofort nach der ersten durchgeschlafenen Nacht wieder zu einem Rückfall. Wachtherapie kann deshalb neben einer Psychotherapie und/oder medikamentösen Therapie kurze Lichtblicke mit besserem Befinden verschaffen.

Die Therapie findet meistens in einer Klinik statt, aber Menschen mit Depression können Schlafentzug nach ärztlicher Rücksprache auch zu Hause versuchen. Bei der Wachtherapie bleibt der Mensch mit Depressionen die ganze Nacht und den ganzen nächsten Tag lang wach.

Andere Möglichkeiten sind:

  • Zunächst kurz schlafen, dann aber um 1:00 Uhr oder 2:00 Uhr nachts wieder aufstehen.
  • Eine ganze Nacht wachbleiben und am Tag danach vom späten Nachmittag bis Mitternacht schlafen, am nächsten Tag 1 Stunde später schlafen bis 1:00 Uhr, am übernächsten Tag 1 weitere Stunde später bis 2:00 Uhr usw., bis wieder die normale Schlafenszeit erreicht ist.

Es ist wichtig die Wachtherapie nur nach ärztlicher Rücksprache zu versuchen. Schlafmangel kann nämlich bei manchen anderen Krankheiten wie z.B. bei Epilepsie und bei Suizidgedanken schaden.

5.5. Vagus-Nerv-Stimulation

Der Vagusnerv ist ein wichtiger Teil des Nervensystems, der die Entspannung und Verdauung fördert und viele innere Organe steuert.

Bei einer Vagus-Nerv-Stimulation bekommt der Mensch mit Depressionen einen kleinen Schrittmacher. Er wird unter die Haut am Hals eingesetzt und schickt Impulse ans Gehirn, welche über den Vagusnerv weitergeleitet werden. Weil noch zu wenig darüber bekannt ist, ob diese Methode funktioniert, wird sie zur Zeit von der medizinischen Leitlinie zu Depressionen nicht empfohlen.

6. Sonstige Unterstützungsangebote

6.1. Ergotherapie

Ergotherapie kann Menschen mit schweren Depressionen bei alltäglichen Erledigungen unterstützen. Ergotherapie wird immer begleitend zu anderen Therapien eingesetzt, oft während einer stationären Behandlung.

Ergotherapie gilt als Heilmittel und muss verordnet werden. Erwachsene zahlen 10 % der Kosten plus 10 € je Verordnung zu, eine Zuzahlungsbefreiung ist möglich.

6.2. Soziotherapie

Soziotherapie ist eine ambulante Betreuungsleistung für schwer psychisch kranke Menschen. Durch besondere Trainingsmaßnahmen und begleitende Unterstützung lernen schwer depressive Menschen wieder mehr Selbstständigkeit, wie z.B. die therapiegerechte Einnahme von Medikamenten, die eigenständige Inanspruchnahme medizinischer Leistungen sowie soziale Kompetenz. Adressen von Soziotherapeuten können bei den Krankenkassen erfragt werden.

Versicherte müssen eine Zuzahlung von 10 % der kalendertäglichen Kosten der Soziotherapie leisten, jedoch mindestens 5 €, maximal 10 € pro Tag.

6.3. Häusliche psychiatrische Krankenpflege

Die häusliche psychiatrische Krankenpflege soll Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen dabei unterstützen, zu Hause ein eigenständiges Leben in der gewohnten Umgebung zu führen, Krankenhausaufenthalte zu vermeiden und Behandlungsabbrüchen vorzubeugen. Durch die Pflege von Fachkräften vor Ort soll das Umfeld in die Behandlung miteinbezogen werden.

Erwachsene zahlen 10 % der Kosten pro Tag für längstens 28 Tage im Kalenderjahr, sowie 10 € pro Verordnung. Näheres unter Zuzahlungen Krankenversicherung.

6.4. Selbsthilfe

Depressive Menschen ziehen sich oft aus ihrem sozialen Umfeld zurück. Selbsthilfegruppen können dabei helfen, wieder aktiv am Leben teilzunehmen und ermöglichen Betroffenen, sich gegenseitig zu informieren, zu bestärken, zu motivieren und zu unterstützen. Selbsthilfegruppen werden auch für Angehörige angeboten. Die Gruppen sind in der Regel anonym und offen, sodass auch neue und zurückhaltende Mitglieder einen leichten Zugang finden. Ein Verzeichnis für die Suche nach Selbsthilfegruppen in Wohnortnähe bietet die Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS) unter www.nakos.de > Informationen > Basiswissen > Selbsthilfegruppe finden und gründen.

Neben der gemeinschaftlichen Selbsthilfe können auch Selbsthilfebücher bei leichten Depressionen hilfreich sein. Sie enthalten meist Ansätze aus der Verhaltenstherapie, die selbstständig von den Betroffenen umgesetzt werden können.

6.5. Disease-Management-Programm (DMP)

DMPs sind strukturierte Behandlungsprogramme, bei denen in der Regel alle an der Behandlung beteiligten Leistungserbringer hausärztlich koordiniert werden (sog. Lotsenfunktion). Das DMP soll dazu beitragen, dass die einzelnen Maßnahmen aufeinander abgestimmt werden, die verschiedenen Leistungserbringer eng miteinander kooperieren und durch regelmäßige Verlaufskontrollen eine gute Behandlungsqualität sichergestellt wird.

Das DMP für Depressionen richtet sich an Patienten mit chronischen Depressionen oder wiederholt auftretenden depressiven Episoden mittel- bis schwergradiger Ausprägung. Das gleichzeitige Vorliegen von psychischen oder körperlichen Erkrankungen stellt kein Ausschlusskriterium für eine Teilnahme am DMP dar.

Die Einschreibung in ein DMP ist freiwillig und kann ohne Angabe von Gründen bei der Krankenkasse widerrufen werden. Voraussetzung für die Teilnahme ist eine gesicherte Diagnosestellung durch einen Hausarzt oder Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie.

Das DMP bei Depressionen hat folgende Ziele:

  • Verminderung der depressiven Symptomatik mit dem Ziel eines vollständigen Rückgangs der Symptome
  • Verminderung der Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls oder einer Wiedererkrankung
  • Verringerung der Sterblichkeitsrate, insbesondere durch Suizidalität und zusätzliche Erkrankungen
  • Verbesserung der psychosozialen Fähigkeiten zur Unterstützung einer selbstbestimmten Lebensführung
  • Angemessene Behandlung von zusätzlich vorhandenen Erkrankungen (Komorbiditäten)
  • Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität

Die Behandlung und Langzeitbetreuung wird in der Regel hausärztlich koordiniert. In Ausnahmefällen können auch spezialisierte Leistungserbringer wie z.B. Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie diese Funktion übernehmen. Psychologische Psychotherapeuten hingegen dürfen kein DMP anbieten.

Näheres unter Disease-Management-Programm.

7. Bewegung und Sport bei Depressionen

Bewegung im Alltag und Sport sind bei Depressionen empfehlenswert, solange keine medizinischen Gründe dagegen sprechen, z.B. wegen einer anderen Erkrankung. Einige Studien deuten auf eine Wirkung gegen Depressionen hin. Die Wirkung ist zwar noch nicht sicher nachgewiesen, aber Sport und Bewegung im Alltag sind ohnehin für die Gesundheit wichtig.

8. Ernährung bei Depressionen

Depressionen können nicht durch eine Ernährungsumstellung verhindert oder geheilt werden. Trotzdem ist eine gesunde, ausgewogene Ernährung empfehlenswert. Sie kann das Wohlbefinden steigern und reduziert das Risiko von Begleiterkrankungen wie Diabetes, starkes Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Antidepressiva können Nebenwirkungen haben, z.B. sorgen manche für Übelkeit oder Appetitlosigkeit und in der Folge für eine Gewichtsabnahme, andere dagegen für eine Gewichtszunahme. Dies sollte schon bei der Auswahl des Medikaments für die Therapie berücksichtigt werden. Wenn die möglichen Nebenwirkungen tatsächlich eintreten, sollte sich der Mensch mit Depressionen an die Arztpraxis wenden und fragen, welcher Umgang damit gut ist. Bei einer Gewichtszunahme sollte eine Diät nicht ohne ärztliche Rücksprache erfolgen, da Antidepressiva bei schlechtem Ernährungszustand in ihrer Wirkung beeinträchtigt werden können.

9. Behandlung in psychiatrischen Kliniken/Psychiatrischen Institutsambulanzen (PIA)

Im Krisenfall, insbesondere bei akuter Suizidgefährdung oder wenn bei schweren Depressionen lange Zeit keine Besserung eintritt, kann eine Behandlung in einer psychiatrischen Klinik bzw. psychiatrischen Abteilung einer Klinik notwendig werden.

Bei fehlender Behandlungsbereitschaft und akuter Suizidalität ist eventuell eine Krankenhauseinweisung auch gegen den Willen des Menschen mit Depressionen möglich. Eine bevollmächtigte Person oder ein rechtlicher Betreuer braucht für eine Zwangseinweisung die Zustimmung des Betreuungsgerichts oder muss sie bei Gefahr im Verzug nachträglich so schnell wie möglich einholen. Näheres unter Rechtliche Betreuung und Vorsorgevollmacht. Eine Zwangseinweisung ist außerdem auch nach dem jeweiligen Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) des Bundeslandes möglich. Die stationäre Behandlung soll psychisch kranke Menschen schützen und stabilisieren.

In der Regel ist an eine psychiatrische Klinik eine psychiatrische Institutsambulanz (PIA) angebunden, die ambulant behandelt, also ohne stationäre Aufnahme. Die Übergänge in der PIA sind fließend: sowohl zum ambulanten Bereich (z.B. Betreuung in einer Arzt- oder Psychotherapiepraxis) als auch zum stationären Bereich (Wiederaufnahme in die Klinik).

Die Krankenhausbehandlung wird von der Krankenkasse und in manchen Fällen auch vom Sozialhilfeträger getragen. Erwachsene Patienten müssen für die vollstationäre Krankenhausbehandlung 10 € pro Tag zuzahlen.

Unter bestimmten Umständen kann eine Haushaltshilfe beantragt werden.

9.1. Wer hilft weiter?

Betroffene bekommen Beratung bei Krisen und Auskünfte zu Betreuungsrecht, Patientenrechten, Unterbringungsrecht und Vorausverfügungen beim Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V. (bpe)
Telefon: 0234 68705552 (Mo 10–13 Uhr)
E-Mail: kontakt-info@bpe-online.de
https://bpe-online.de

10. Rehabilitation psychisch kranker Menschen

Die "Rehabilitation psychisch kranker Menschen", kurz RPK, ist ein spezieller Reha-Bereich, bei dem medizinische, berufliche und psychosoziale Hilfen aus der Hand eines multiprofessionellen Reha-Teams angeboten und Elemente der stationären und ambulanten Reha kombiniert werden.

RPK ist besonders für Menschen geeignet, die an einer schweren Depression leiden und hierdurch in ihrem sozialen und beruflichen Leben beeinträchtigt sind. Wer an einer RPK teilnimmt, bekommt einen Hilfeplan, der sich am persönlichen Bedarf orientiert. Durch die enge Verzahnung aller dieser Leistungen kann auf die besonderen Bedürfnisse und die schwankende Leistungsfähigkeit sehr individuell eingegangen werden.

Angebote und Einrichtungen der RPK sind regional unterschiedlich. Weitere Informationen bietet die Internetseite der Bundesarbeitsgemeinschaft RPK. Eine wohnortnahe Reha-Einrichtung kann dort unter www.bagrpk.de > Standorte gesucht werden.

10.1. Weitere Reha-Informationen

Weitere Reha-Leistungen, die für Patienten mit Depressionen relevant sein können, finden Sie unter folgenden Stichpunkten:

10.2. Praxistipps

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Letzte Bearbeitung: 05.03.2024

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