Bei Kindern kann ADHS (früher ADHS und ADS) vorliegen, wenn sie Probleme in ihrer Entwicklung oder ihrem Verhalten haben, sich nur schwer konzentrieren können oder sehr unruhig und impulsiv sind. Sinnvoll ist die Diagnose durch einen Facharzt, da frühzeitige und geeignete Therapien die Entwicklung des Kindes fördern und das Schul- und Sozialleben positiv beeinflussen können.
ADHS-Symptome bei Kindern sind insbesondere Hyperaktivität, Impulsivität und/oder Unaufmerksamkeit. Zudem sind oft die Beziehungen, die Leistungsfähigkeit oder die Teilhabe (= Einbezogensein in eine Gruppe) in mehreren Lebensbereichen beeinträchtigt.
Die Diagnose ADHS soll vor einem Alter von 3 Jahren nicht gestellt werden. Auch im Vorschulalter sollte ADHS nur bei sehr starken Symptomen diagnostiziert werden. Generell gilt, dass eine Diagnose umso schwieriger ist, je jünger das Kind ist.
Ausführliche Informationen zur Durchführung der diagnostischen Maßnahmen, den beteiligten Fachrichtungen und den Symptomen, die auf ADHS hinweisen, unter ADHS > Ursachen und Diagnose oder im Ratgeber ADHS.
Bei der Auswahl einer geeigneten Therapie sollten Ärzte auf die Wünsche des Kindes und der Eltern eingehen und gemeinsam die zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten besprechen. Diese hängen von der Schwere der Symptome, der Persönlichkeit und dem Umfeld des Kindes sowie möglichen Begleiterkrankungen ab.
In der Regel wird ADHS durch eine sog. multimodale Therapie behandelt. Dazu wird ein Behandlungsplan aufgestellt, in dem psychosoziale und medikamentöse Therapien kombiniert werden:
Bei besonders schweren Formen von ADHS oder Begleiterscheinungen wie Selbst-/Fremdgefährdung können zudem (teil-)stationäre Therapien in Kliniken oder Reha-Einrichtungen in Erwägung gezogen werden.
Psychoedukation meint insbesondere die Aufklärung und Beratung des Betroffenen und seines sozialen Umfelds. Sie ist ein wichtiger Baustein in der Behandlung von ADHS. Gemeinsam mit dem Arzt wird ein individuelles Behandlungskonzept mit u.a. folgenden Inhalten erstellt:
Ziel der Psychoedukation ist, das Verständnis für die Krankheit zu fördern, damit ein verbesserter Umgang mit den Krankheitsfolgen stattfinden kann. Die umfassende Aufklärung und Beratung ist wichtig, um die Symptome besser zu verstehen, das Erziehungsverhalten zu optimieren und Verhaltensprobleme zu mindern.
Kinder werden vor allem spielerisch an die Entstehung der Störung herangeführt. Bei Erwachsenen erfolgt die Aufklärung häufig durch theoretisches, faktenbasiertes Wissen. In allen Altersstufen wird das Wissen anschließend auf praktische Situationen bezogen, um es gezielt im Alltag anwenden zu können. So erhält der Betroffene eine Vorstellung davon, wie er mit den negativen Auswirkungen der ADHS umgehen und die Folgen der Störung positiv beeinflussen kann.
Findet die Psychoedukation in Form von Einzelgesprächen statt, kann besonders auf die individuelle Situation und Symptomatik eingegangen werden. Bei Gruppengesprächen hingegen kann der Betroffene vor allem vom Erfahrungsaustausch mit anderen profitieren.
Das Online-Projekt ADHSpedia bietet umfassende Informationen zum Thema Psychoedukation bei ADHS unter www.adhspedia.de > Suchbegriff: „Psychoedukation“.
Ziel der Psychotherapie bei ADHS ist es, emotionale und psychische Verhaltensstörungen mit Hilfe von unterschiedlichen psychologischen Therapieansätzen zu verbessern. Die Therapie soll die Krankheitsbewältigung unterstützen und zu einer Verbesserung der Selbstwertproblematik beitragen. Welche Form der Psychotherapie angewendet wird ist einzelfallabhängig und erfolgt in Absprache mit dem Psychotherapeuten.
Ob Medikamente in der ADHS-Therapie eingesetzt werden, hängt unter anderem vom Alter des Kindes, der Schwere der Symptome und den Wünschen des Kindes/der Eltern ab.
Unter drei Jahren werden generell keine Medikamente verschrieben. Im Kleinkind- und Vorschulalter nur wenn Psychoedukation und psychosoziale Unterstützung nicht helfen und mit besonderer Vorsicht. Ab dem Schulalter wird bei schweren Symptomen und starken Beeinträchtigungen des Kindes in der Regel eine medikamentöse Therapie empfohlen.
Die Behandlung mit Medikamenten sollte nur nach gesicherter Diagnose und von einem Facharzt/ärztlichen Psychotherapeuten vorgenommen werden. Vor Beginn der medikamentösen Therapie sollten körperliche und neurologische Untersuchungen stattfinden und Puls, Blutdruck, Körpergewicht und Körpergröße überprüft werden. Diese Daten, die Wirksamkeit des Medikaments und eventuelle Nebenwirkungen sollten etwa alle 6 Monate überprüft werden. Einmal jährlich empfiehlt sich zudem eine behandlungsfreie Zeit ohne Medikamente, um zu überprüfen, ob sie noch notwendig sind.
Bei der Wahl des Medikaments sind z.B. folgende Gesichtspunkte zu bedenken:
In Deutschland sind zur Pharmakotherapie für Kinder folgende Wirkstoffe zugelassen: Methylphenidat, Atomoxetin, Dexamphetamin, Lisdexamfetamin und Guanfacin.
Einige Medikamente, die zur Behandlung bei ADHS eingesetzt werden, unterliegen dem Betäubungsmittelgesetz. Das liegt daran, dass diese als Droge, z.B. zur Leistungssteigerung, missbraucht werden können.
Trotz der Missbrauchsmöglichkeiten kann eine sachgerechte Behandlung mit diesen Medikamenten allerdings das Risiko einer Suchterkrankung senken. Die Erklärung dafür: Eine Anfälligkeit für Suchterkrankungen ist typisch für ADHS, insbesondere, weil manche Menschen mit ADHS sich durch den Konsum von Suchtmitteln unbewusst oder auch bewusst selbst zu behandeln versuchen. So kann eine Suchterkrankung mit all ihren negativen Folgen entstehen. Wird ADHS hingegen angemessen mit Medikamenten behandelt, sinkt auch die Anfälligkeit für eine Sucht.
Methylphenidat ist ein Stimulans (= Substanz, die die Aktivität des Nervensystems anregt/beschleunigt). Es ist das zur Behandlung von ADHS am längsten erprobte Medikament und wird eingesetzt, um die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit bei Kindern mit ADHS zu verbessern. Methylphenidat unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz und die Verschreibung erfolgt auf einem gesonderten Rezeptvordruck.
ADHS wird unter anderem durch eine Fehlregulation der Botenstoffe Dopamin und Noradrenalin ausgelöst. Dopamin und Noradrenalin sind, gemeinsam mit anderen Botenstoffen, an der Kommunikation der Nervenzellen beteiligt. Schüttet eine Zelle die Botenstoffe aus, werden sie mit kurzer zeitlicher Verzögerung von der benachbarten Nervenzelle wieder aufgenommen und es findet eine Erregung der Zelle statt. Bei ADHS werden diese beiden Botenstoffe zu schnell weitergeleitet und liegen deshalb dauerhaft in zu niedriger Konzentration am Wirkort vor. Methylphenidat hemmt die Wiederaufnahme der Botenstoffe Dopamin und Noradrenalin in den benachbarten Nervenzellen. Durch die Wiederaufnahme-Hemmung können die Botenstoffe länger an den Andockstellen der Nervenzellen verweilen. So kann der gestörte Dopamin- und Noradrenalin-Haushalt ausgeglichen werden und es erfolgt ein Rückgang der ADHS-Symptomatik.
Lisdexamfetamin ist ebenfalls ein Betäubungsmittel und muss auf einem speziellen Rezept verschrieben werden. Auch dieser Wirkstoff kann als stimulierendes Rauschmittel missbraucht werden. Im Vergleich zu Methylphenidat ist das Missbrauchspotential dennoch etwas geringer, da sich die Wirkung langsamer und ausdauernder entfaltet.
Die Wirkungsweise von Lisdexamfetamin ist nicht vollständig geklärt. Es wird vermutet, dass das Medikament eine vermehrte Freisetzung von Noradrenalin und Dopamin bewirkt, wodurch Konzentrations- und Leistungsfähigkeit gefördert werden.
Atomoxetin ist kein Betäubungsmittel. Ein Missbrauch des Medikaments ist im Vergleich zu Methylphenidat unwahrscheinlicher, weil Atomoxetin weniger euphorisierend und stimulierend wirkt.
Der Wirkstoff hemmt die Wiederaufnahme des Botenstoffs Noradrenalin an einer benachbarten Nervenzelle im Gehirn. Somit steigt die Gesamtkonzentration des Botenstoffs an. Der Dopamin-Haushalt wird dadurch (im Gegensatz zur Einnahme von Methylphenidat und Lisdexamfetamin) kaum beeinflusst.
Guanfacin wird vor allem dann verabreicht, wenn eine Behandlung mit Stimulanzien nicht in Frage kommt (z.B. wegen Unverträglichkeit oder Suchttendenz). Der Wirkungsmechanismus von Guanfacin in Zusammenhang mit ADHS ist sehr komplex und noch nicht vollständig geklärt. Der Wirkstoff trägt zu einer Verringerung der Impulsivität bei.
Auch Dexamphetamin ist ein Betäubungsmittel. Das Medikament verstärkt die Wirkung von Noradrenalin und Dopamin, wodurch unter anderem die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit gesteigert wird.
Neurofeedback kann Kindern mit ADHS vermutlich helfen, ihre Konzentration und Aufmerksamkeit nachhaltig zu verbessern und sich auf eine Sache zu fokussieren. Beim Neurofeedback trainieren die Kinder gezielt ihre Hirnaktivität zu regulieren, indem sie über ein EEG (Elektroenzephalografie = Gerät zum Messen der elektrischen Hirnaktivität) mit einem Computer verbunden sind. Durch Konzentration können sie das Geschehen auf dem Bildschirm steuern. Es kann zwischen mehreren Möglichkeiten der Bildschirmanimation ausgewählt werden (z.B. Beeinflussen der Flughöhe eines Vogels oder der Geschwindigkeit einer Rakete). Durch mehrmalige Wiederholung dieses Verfahrens soll die Gehirnfunktion dauerhaft positiv verändert und die Symptome der ADHS abgeschwächt werden. Es sollten mindestens 25-30 Sitzungen erfolgen.
Die mögliche Wirkung von Neurofeedback bei ADHS muss noch weiter erforscht werden.
Eine Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenkasse ist möglich. Mit einer ärztlichen Heilmittelverordnung über eine "sensomotorische-perzeptive Behandlung" oder eine "psychisch-funktionelle Behandlung" kann Neurofeedback in einer ergotherapeutischen Praxis, sofern die Praxis dies anbietet, durchgeführt werden.
Zur Kostenübernahme von ergotherapeutischer Behandlung im Allgemeinen unter Ergotherapie.
Teilstationäre oder stationäre Reha sind zu erwägen, wenn bei starken Störungen eine zeitweise Unterstützung außerhalb des familiären und sozialen Umfelds Erfolg verspricht oder die Familie gemeinsam unterstützende Angebote in Anspruch nehmen möchte. Bei stationärer Rehabilitation (= Kur) können aus therapeutischen Gründen Mutter oder Vater stationär mit aufgenommen werden. Der Elternteil gilt dabei als Begleitperson.
In der Reha besteht für die Patienten und deren Eltern die Möglichkeit, nachhaltige Verhaltensänderungen zu erzielen und damit die psychosozialen Belastungen in der Familie zu mindern. Ziel der Reha ist auch die Stärkung der Eltern-Kind-Beziehung. Gezielte Übungen fördern das gegenseitige Verständnis und die Konfliktlösefähigkeit. Schulkinder mit ADHS erhalten in einer Reha-Klinik wissenserhaltenden Unterricht, in dem motivationsfördernde Lerntechniken im Vordergrund stehen.
Nachfolgend Links zu den allgemeinen Bestimmungen der Rehabilitation:
Adressen von Reha-Kliniken:
Teilweise sind Kinder auch von anderen Störungen betroffen, die in Zusammenhang mit ADHS auftreten können, z.B.: